Dem klagenden Anleger, der nach Ablauf eines Garantiefonds Kapital zur Verfügung hatte, das er längerfristig und sicher anlegen wollte, war im Mai 2005 vom langjährigen Kundenbetreuer seiner Hausbank eine Beteiligung am Holland 57 empfohlen worden, mit den Worten, das sei eine "super Sache" und gehe weg wie die "warmen Semmeln". Die Zinsen seien jährliche Ausschüttungen von 7 %, das Kapital bekomme man nach zehn Jahren retour.
Nicht erwähnt wurden die kick-back-Zahlungen an die Bank. Ebenso wenig aufgeklärt wurde der Anleger darüber, dass es sich um den Erwerb einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft handelt, dass ein Totalverlustrisiko besteht und die jährlichen Ausschüttungen in Wahrheit keine Zinsen, sondern rückforderbare Einlagenrückzahlungen sind.
Im November 2007 empfahl der Berater dem Anleger eine weitere Beteiligung am MPC-Schifffonds Reefer-Flotte 2.
Das BG Gmünd gibt der Klage vollinhaltlich statt und bejaht die Haftung der Bank, weil der Anleger in den Beratungsgesprächen nicht ordnungsgemäß über Eigenschaften und Risiken der von ihm zu erwerbenden Produkte aufgeklärt wurde. Dass beim Erwerb der Reefer-Flotten-Beteiligung der Verkaufsprospekt übergeben wurde, spiele schon deshalb keine Rolle, weil der Anleger bereits unmittelbar nach dem mündlichen Gespräch die Formulare unterfertigte und daher erkennbar ausschließlich die mündlich erteilten Informationen zugrunde legte.
Kein Mitverschulden: Dass der Anleger vor Unterfertigung die Risikohinweise auf den Beitrittsformularen nicht gelesen hat, begründet - entgegen dem Einwand der beklagten Bank - kein ersatzminderndes Mitverschulden. Insbesondere im Hinblick auf die Unerfahrenheit des Klägers im Bereich derart risikoträchtiger Veranlagungen sei dem seinem Bankberater entgegengebrachten Vertrauen besondere Bedeutung zuzumessen. Er musste nicht damit rechnen, dass die von ihm unterzeichneten Risikohinweise für ihn wesentliche Informationen enthielten, die im Beratungsgespräch nicht vorkamen oder diesem sogar widersprachen.
Keine Verjährung: Durch die Einstellung der Ausschüttungen wurde nach Ansicht des Gerichts keine Erkundigungspflicht ausgelöst, da die "Verzinsung" nach dem Wissensstand des Anlegers Schwankungen unterliegen konnte. Mit der Einstellung der Ausschüttungen hat sich daher aus seiner Sicht nur dieses ihm ohnehin bekannte Risiko verwirklicht. Dass darüber hinaus auch ein Risiko besteht, dass er das Kapital nach Ende der "Laufzeit" nicht zur Gänze zurück erhält oder dass er sogar bereits ausgeschüttete Beträge zurückzahlen muss, war für ihn durch das Einstellen der Ausschüttungen nicht erkennbar.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 24.04.2015).
BG Gmünd 21.04.2015, 6 C 695/14b
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Sebastian Schumacher, RA in Wien