Zum Inhalt

BGH: Einschränkung der Zahlungsmöglichkeiten auf Lastschriftverfahren gesetzwidrig

Konsumenten muß ein breites Spektrum an Zahlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, eine Einschränkung ist benachteiligend.

Ein Energieversorger hatte in Gaslieferungsverträgen folgende Klausel verwendet: "Sämtliche Rechnungsbeträge sind (…) ohne Abzug im Wege des Lastschriftverfahrens oder von Jahreszahlern mittels Überweisung zu zahlen."

Eine Verbraucherschutzorganisation hatte geklagt, da gemäß dem deutschen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) dem Kunden vor Vertragsabschluß zwingend verschiedene Zahlungsmöglichkeiten angeboten werden müssen. Da das deutsche EnWG nicht näher definiert was unter verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten zu verstehen ist, war zur Auslegung die Richtlinie über die gemeinsamen Vorschriften über den Erdgasbinnenmarkt heranzuziehen. Nach jener muß sichergestellt, sein, dass der Kunde über ein breites Spektrum an Zahlungsmodalitäten verfügen kann.

Im vorliegenden Fall gab es jedoch keine Wahlmöglichkeit, denn alle Kunden mussten im Wege des Lastschriftverfahrens bezahlen, Jahreszahler mussten mittels Überweisung zahlen. Gerade einkommensschwachen Kunden wird die Zahlung des jährlichen Betrags auf einmal praktisch nicht möglich sein. Sollten Kunden kein Bankkonto besitzen, so sind sie auch von der Möglichkeit des Lastschriftverfahrens ausgeschlossen. Einkommensschwache Kunden werden erheblich in ihrer Dispositionsfreiheit eingeschränkt.

Der BGH stellte fest, dass dem Energieversorger genügend Wege zur Verfügung stehen ohne unzumutbaren Aufwand eine solche Benachteiligung zu vermeiden. Sollten beispielsweise kürzere Zeiträume der Abschlagszahlung eingeräumt werden und dadurch ein höherer Verwaltungsaufwand entstehen, so dürfen diese Verwaltungskosten bei der Kalkulation des Gaspreises berücksichtigt werden.

Der BGH hob daher das Urteil des LG Dortmund auf, das Urteil des LG sei aufgrund der Berufung des Klägers teilweise abzuändern, der Klage sei hinsichtlich der Untersagung der Verwendung der beanstandetetn Zahlungsmittel stattzugeben.


BGH 5.6.2013, VIII ZR 131/12

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Verbandsverfahren geklagt. Es handelt sich um eine Klausel, wonach die Leistung im Falle der Arbeitsunfähigkeit erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (=Karenzzeit). Die Klausel, auf die sich der Versicherer auch im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren vom OLG Wien als unzulässig beurteilt, nachdem zuvor schon das HG Wien dem VKI recht gegeben hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Musterprozess geklagt. Eine Verbraucherin hatte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit für einen Kreditvertrag eine Restschuldversicherung bei der CNP Santander Insurance Europe DAC abgeschlossen. Nachdem sie wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, zahlte der Versicherer nicht alle Kreditraten. Der Versicherer zahlte jedoch kurz nach der Klagseinbringung durch den VKI den gesamten Klagsbetrag. Die Klausel, auf die sich der Versicherer im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren rechtskräftig für unzulässig erklärt.

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat – im Auftrag des Sozialministeriums – eine Verbandsklage gegen die Lyconet Austria GmbH (Lyconet) geführt. Lyconet, ein im Netzwerk-Marketing tätiges Unternehmen, vertrieb unter anderem das „Cashback World Programm“. Dabei handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, die es Mitgliedern ermöglichen sollte, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei Partnerunternehmen Vorteile zu erhalten. Gegenstand der Klage waren 47 Vertragsklauseln, die Bestandteil von Lyconet-Vereinbarungen und sogenannten Lyconet Compensation-Plänen waren. Diese wurden vom VKI unter anderem aufgrund zahlreicher intransparenter Regelungen und damit einhergehender Unklarheiten kritisiert. Nachdem bereits die Unterinstanzen alle beanstandeten 47 Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatten, erkannte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) sämtliche Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang