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Bonitätsprüfung beim Hypothekarkredit

Der OGH verneinte eine Pflichtverletzung des Kreditgebers iZm der Kreditwürdigkeitsprüfung in einem Fall, in dem der Kreditnehmer der Bank seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt verschwieg, wobei er allgemein nach Verbindlichkeiten gefragt wurde.

Im Rahmen der Bonitätsprüfung durch die beklagte Bank wurde der klagende Verbraucher von der Finanzberaterin der Beklagten allgemein über Verbindlichkeiten gefragt, wobei er seine Abgabenschulden nicht angab. Er füllte das Formular der Beklagten vielmehr dahin aus, dass keine aufrechten Kreditverbindlichkeiten bestünden. Er legte der Beklagten auch Kontoauszüge der letzten zwei oder drei Monate zur Prüfung vor, die Finanzberaterin holte eine KSV-Auskunft ein. Ihr fiel auf, dass der Kläger monatlich 500 EUR an das Finanzamt überwies. Sie schloss daraus aber nicht, dass es sich um eine Ratenzahlung handeln könnte und hinterfragte diese Kontobewegung nicht weiter.

Nach Prüfung der Bonität des Klägers gab die Beklagte eine „vorläufige Finanzierungszusage“ ab. Aufgrund dieser Zusage kaufte der Kläger eine Wohnung, wobei er sich gegenüber der Verkäuferin für den Fall des Rücktritts zur Zahlung einer Konventionalstrafe von 8.820 EUR (= 3 % des Kaufpreises) verpflichtete.

Wenige Tage danach erhielt die Beklagte als Drittschuldnerin vom Finanzamt einen Bescheid über die erfolgte Pfändung einer Geldforderung des Klägers zur Hereinbringung seiner offenen Abgabenschulden in Höhe von 22.755,60 EUR. Die Beklagte widerrief wegen dieser Pfändung die vorläufige Zusage.

Der Kläger musste den Kaufvertrag mangels Finanzierung rückabwickeln und deshalb auch die Konventionalstrafe an die Verkäuferin zahlen.

Der Kläger begehrte Schadenersatz von 9.480 EUR (8.820 EUR Konventionalstrafe, 560 EUR für Zinsen 100 EUR wegen pauschaler Unkosten). Aufgrund der vorläufigen Finanzierungszusage habe er die Finanzierung für gesichert gehalten und deshalb den Kaufvertrag geschlossen. Die Klage wurde abgewiesen.

Vor Abschluss eines Kreditvertrags hat der Kreditgeber nach § 9 Abs 1 HIKrG eine eingehende Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers vorzunehmen. Den Kreditgeber trifft eine (in § 9 HIKrG näher geregelte) aktive Ermittlungspflicht, deren konkretes Ausmaß aber in jedem Fall von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist.

Die Beklagte musste aufgrund der aus den Kontoauszügen ersichtlichen Zahlungen an das Finanzamt nicht auf eine Ratenzahlungsvereinbarung aufgrund einer Abgabenschuld des Klägers in der Höhe von über 22.700 EUR schließen. Dies insbesondere deshalb nicht, weil der Kläger selbstständig erwerbstätig war, sodass Zahlungen an das Finanzamt – etwa mit Blick auf mögliche Abgabenvorauszahlungen – per se nicht ungewöhnlich wären.

Entscheidende Bedeutung kommt im Anlassfall dem Umstand zu, dass der Kläger die Abgabenschuld gegenüber der Beklagten verschwieg, obwohl er nach Verbindlichkeiten gefragt wurde. Die Bonitätsprüfung des Kreditgebers darf nämlich nicht isoliert von den Mitwirkungspflichten des Kreditnehmers betrachtet werden. Der Verbraucher hat bei der Beschaffung der vorvertraglichen Informationen zur Kreditwürdigkeitsprüfung mitzuwirken (§ 10 Abs 2 HIKrG). Demnach muss er „korrekte Angaben“ machen, wobei diese „Angaben so vollständig sein müssen“, damit eine ordnungsgemäße Kreditwürdigkeitsprüfung möglich ist. Der Kläger hat gegen diese Mitwirkungspflicht verstoßen, weil er die Abgabenschulden verschwiegen hat. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im Formular der Beklagten nur „Kreditverbindlichkeiten“ auszufüllen waren und die Sachbearbeiterin der Beklagten mit dem Kläger nicht explizit über „Abgabenschulden“ gesprochen hat. Der Kläger wurde jedenfalls nach „Verbindlichkeiten“ gefragt. Bereits das hätte ihn veranlassen müssen, die offenen und nicht unbeträchtlichen Finanzschulden gegenüber der Beklagten offenzulegen.

Aufgrund des Umstands, dass die Abgabenschulden des Klägers für die Beklagte nicht erkennbar waren und vom Kläger (ungeachtet der aufgezeigten Mitwirkungspflicht) verschwiegen wurden, haftet die beklagte Partei mangels einer Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Kreditwürdigkeitsprüfung nicht für den Schaden des Klägers wegen der Konventionalstrafe nach dem Rücktritt vom Kaufvertrag. Für den unredlich handelnden Kläger bestand in diesem Zusammenhang zudem kein Anlass, auf die (als solche bezeichnete) „vorläufige Finanzierungszusage“ zu vertrauen.

OGH 21.2.2023, 2 Ob 8/23z

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