Die Anlegerin, eine Rechtsanwältin, hatte über Vermittlung der Raiffeisenlandesbank 2004 und 2005 Beteiligungen an mehreren MPC-Fonds in der Höhe von insgesamt 150.000 Euro gezeichnet, nachdem ihr Bankberater bezüglich des Holland 56-Fonds an sie herangetreten war. Sie verhandelte die Spesen (Agio) von 5 % auf 3,5 %, wurde aber vom Bankberater nicht darüber informiert, dass die RLB nach der mit der österr Vertriebsgesellschaft von MPC (nunmehr: CPM in Liqu) abgeschlossenen Vertriebsvereinbarung zusätzliche Abschlussprovisionen zwischen 3 % (bei Holland 50) und 4,5 % (bei Merkur Sky) lukrierte. Nicht aufgeklärt wurde die Anlegerin ferner über den Umstand, dass es sich bei den jährlichen "Ausschüttungen" in Wahrheit um Einlagenrückzahlungen (Liquiditätsausschüttungen) handelt und nicht - wie von ihr angenommen - um Gewinne.
Beides begründet nach dem HG Wien schwere Beratungsfehler der Bank. Das Gericht gibt der Klage vollinhaltlich statt:
Die Bank hätte zum Einen über den Charakter der Ausschüttungen und insbesondere über die Gefahr aufklären müssen, dass diese ggf zurückbezahlt werden müssen. Dass die Anlegerin die (klein gedruckten) Risikohinweise in den Werbeunterlagen und auf den Beitrittserklärungen nicht gelesen hat, begründet dabei nach dem HG Wien kein ersatzminderndes Mitverschulden.
Der Haftung stehen auch die Beratungsverzichts-Formulare nach WAG nicht entgegen, die die Anlegerin unterschrieben hatte. Das Gericht geht nach den Feststellungen vielmehr aufgrund der tatsächlich erfolgten Beratung durch den Bankbetreuer vom Vorliegen eines Beratungsvertrags aus. Dass die Anlegerin dem Berater Auskünfte über ihr gesamtes Vermögen und über Depots bei anderen Banken verweigert hatte, gereicht ihr nicht zum Nachteil, wenn - wie hier - der Vorwurf an die Bank nicht in einer falschen Portfolio-Diversifizierung liegt, sondern darin besteht, dass über das Produkt nicht ordnungsgemäß informiert wurde. Ebenso wenig schadet die zusätzliche Konsultation eines Steuerberaters durch die Anlegerin.
Ferner hätte die Bank über die mit MPC vereinbarten kick-back-Provisionszahlungen aufklären müssen (§ 13 WAG aF). Diese führen zu einem erheblichen und daher offen zu legenden Interessenkonflikt, weil sie die Bank veranlassen können, ein Produkt nicht ausschließlich im Interesse des Kunden zu empfehlen, sondern aufgrund von Eigeninteressen zu vertreiben.
Der Schadenersatzanspruch ist nicht verjährt: Die dreijährige Verjährungsfrist hat erst im Jahr 2012 zu laufen begonnen, als die Anlegerin von den kick backs erfahren hat und von der Gefahr, dass Ausschüttungen ggf zurückgefordert werden könnten.
Den von der Bank erhobenen Einwand der Untunlichkeit der Naturalrestitution hat das Gericht verworfen: Die Übertragung des Kommanditverhältnisses sei weder faktisch noch rechtlich unmöglich. Etwaige gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten bei der Übertragung von Fondsbeteiligungen fallen in den Risikobereich der haftpflichtigen Bank und nicht in denjenigen des geschädigten Anlegers. Letzterer hat vielmehr ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der nicht gewünschte Erwerb der Beteiligung rückgängig gemacht wird.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 19.2.2015).
HG Wien 17.2.2015, 34 Cg 29/14t
Klagsvertreter: RAe Dr. Wolfgang Leitner, Priv.-Doz. Dr. Max Leitner, Dr. Mara-Sophie Häusler -1010 Wien