Zwischen den Klägern als Versicherungsnehmer und der Beklagten besteht eine Haushaltsversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 2013) und die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS 2001) zugrunde liegen.
Artikel 4 ABH 2013 lautet auszugsweise: „1. Wenn die Versicherungsräumlichkeiten auch für noch so kurze Zeit von allen Personen verlassen werden, 1.1. sind Eingangs- und Terrassentüren, Fenster und alle sonstigen Öffnungen stets ordnungsgemäß verschlossen zu halten. Dazu sind vorhandene Schlösser zu versperren. …;
[…] 5. Die vorstehenden Obliegenheiten gelten als vereinbarte Sicherheitsvorschriften gemäß Artikel 3 ABS. Ihre Verletzung führt nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zur Leistungsfreiheit des Versicherers.“
Artikel 3.2. ABS 2001 lautet: „Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Schadenfall nach der Verletzung eintritt und die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers beruht. …“
2019 ereignete sich ein Einbruchsdiebstahl in das Wohnhaus der Kläger. Die Kläger hatten beide gegen 9:00 Uhr in der Früh das Haus verlassen und kamen gemeinsam gegen 22:00 Uhr wieder zurück. Der oder die Täter drangen in diesem Zeitraum über eine Terrassentür in das Haus ein. Diese Tür hat außen einen fixen Knauf und ist von innen versperrbar. Zum Zeitpunkt des Einbruchs war die Tür nicht versperrt, sodass der oder die Täter die Tür „aufhebeln“ konnten. Wäre die Tür zum Zeitpunkt des Einbruchs versperrt gewesen, wäre eine wesentlich größere Gewalteinwirkung notwendig gewesen, um sie aufzubrechen. Dabei wäre eine massivere Ausprägung der Einbruchsspuren zu erwarten gewesen. Den Klägern ist bekannt, dass in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft bereits zu einem früheren Zeitpunkt, wahrscheinlich ebenfalls 2019, ein Einbruchsdiebstahl verübt wurde.
Die Kläger begehren Zahlung von 72.561 EUR sowie in eventu die Feststellung der Versicherungsdeckung.
Grobe Fahrlässigkeit wird allgemein im Versicherungsvertragsrecht dann als gegeben erachtet, wenn schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen, wenn jedenfalls völlige Gleichgültigkeit gegen das vorliegt, was offenbar unter den gebotenen Umständen hätte geschehen müssen. Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist
Nach Ansicht des OGH stellt das Verlassen des Hauses über mehrere Stunden bei unversperrter Terrassentür nicht in jedem Fall ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers dar. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass den Klägern bekannt war, dass in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Einbruchsdiebstahl verübt wurde, handelte es sich dabei doch um ein einmaliges Ereignis. Die Kläger behaupteten im Verfahren erster Instanz, sie würden die Tür stets versperrt halten und hätten dies lediglich am Vorfallstag ausnahmsweise vergessen. Zu dieser Behauptung hat das Erstgericht eine Negativfeststellung getroffen, die die Kläger in ihrer Berufung bekämpft haben. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist diese Feststellung von Relevanz, muss doch nach der Rsp selbst ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falls auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen sein. Wenn es der Versicherungsnehmer einmalig unterlässt, eine Terrassentür nicht zu versperren, liegt aber kein subjektiv schwerstens vorwerfbares Verhalten vor.
Hätte die Rüge der Kläger Erfolg, könnte im fortgesetzten Verfahren eine für die Kläger günstige Feststellung getroffen werden und ein bloß leicht fahrlässiges Verhalten der Kläger vorliegen, sodass die Verletzung der Obliegenheit gemäß Art 4.1.1. ABH 2013 nicht die Leistungsfreiheit der Beklagten bewirken würde. In Wahrnehmung dieses Umstands war daher das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und ihm die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Weiters weist der OGH auf Folgendes hin: Die Verpflichtung, die Wohnung zu versperren, ist eine Obliegenheit mit dem jedem Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck, ein unbefugtes Eindringen unmöglich zu machen oder zumindest erheblich zu erschweren. Dieser Zweck kann nicht bereits durch das bloße Zuziehen einer Wohnungstür erreicht werden, bietet dies doch schon nach allgemeinem Kenntnisstand einen weit geringeren Einbruchsschutz.