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Deckungspflicht von Rechtsschutzversicherung bei Schadenersatzklage

Der OGH bejahte die Deckungspflicht der Rechtsschutzversicherung in einem Fall einer Amtshaftungs- und Schadenersatzklage eines ehemaligen Beamten gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1998 rechtsschutzversichert. Der Versicherungsvertrag umfasste ursprünglich den Privatrechtsschutz ua mit Schadenersatz-Rechtsschutz, und zwar umfassend sowohl den Privat- als auch den Berufsbereich. Dem Versicherungsvertrag wurden die "Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 1994)" zugrunde gelegt. 2013 wurde der Versicherungsschutz um den Baustein "Arbeits- und Sozialgerichts-Rechtsschutz" erweitert.

Der Kläger war als Beamter der Stadt I** beschäftigt  und wurde 2015 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Er machte 2017 gerichtlich eine Amtshaftungs- und Schadenersatzansprüche (ua Schmerzengeld, entgangenen Gewinn seit der Frühpensionierung) gegen die Stadt I** geltend. Er führte als Bespiel zur Begründung seines Anspruches ein Ereignis aus dem Jahr 2010 an. Die hier beklagte Rechtsschutzversicherung lehnte den Deckungsschutz dafür ab.

Die Gerichte bejahten den Deckungsanspruch.

Deliktischer Schadenersatzanspruch
Die Beklagte meinte, der Anspruch des Klägers sei dem Arbeitsgerichts-Rechtsschutz zuzurechnen, der aber erstmalig in der Polizze aus 2013 enthalten sei.

Der OGH führt dazu aus:  Nach Art 20.2.2. ARB erstreckt sich der Versicherungsschutz bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen bezüglich dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlicher Ansprüche sowie abweichend von Art 7.1.10. auch für Disziplinarverfahren. Bereits nach dem insoweit klaren Wortlaut bezieht sich hier der Rechtsschutz auf Streitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten, die im Verwaltungsweg auszutragen sind; keinesfalls kann der Bestimmung die Übernahme von Rechtsschutz für vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machenden Amtshaftungsansprüchen entnommen werden.

Beim Amtshaftungsanspruch handelt es sich um einen (deliktischen) Schadenersatzanspruch. Der vom Kläger geltend gemachte Amtshaftungsanspruch ist dem Schadenersatz-Rechtsschutz nach Art 19.2.1. ARB zuzuordnen.

Allmählichkeitsklausel
Die Beklagte gründet ihre Leistungsfreiheit weiters auf das Vorliegen des Risikoausschlusses nach Art 7.1.2. ARB. Nach dieser Bestimmung besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit Ereignissen, die auf allmähliche Einwirkung zurückzuführen sind.

Die Allmählichkeitsklausel ist in der Haftpflichtversicherung gebräuchlich. Dort werden Schäden an Sachen ausgeschlossen, die durch eine allmähliche Einwirkung von Temperaturen, Gasen, Flüssigkeit, Dämpfen, Feuchtigkeit oder nichtatmosphärischen Niederschlägen wie auch Russ und Staub entstehen. Von der hier gegenständlichen Klausel unterscheidet sie sich dadurch, dass sie einerseits das Ereignis (Sachschaden) und andererseits die relevanten Einwirkungen konkret nennt.

Die AGB müssen so gestaltet sein, dass der Verbraucher durch ihre Lektüre eine klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition erhält.

Der Begriff "Ereignis" erfährt keine wie immer geartete Umschreibung, sodass für durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer völlig offenbleibt, was darunter zu verstehen sein soll. Auch der Begriff der Einwirkungen wird in keiner Weise konkretisiert, sodass insgesamt völlig unklar ist, welche Art von Einwirkung zu welchem Ereignis führen muss, um die Voraussetzungen des Risikoausschlusses zu erfüllen. Der Versicherungsnehmer kann damit auch nicht erkennen, welche Interessen, die er mit Rechtsschutz wahrzunehmen beabsichtigt, im ursächlichen Zusammenhang mit dem nicht weiter konkretisierten auf allmähliche Einwirkung zurückzuführenden Ereignis stehen und daher vom genannten Risikoausschluss umfasst sind. Die Klausel ist insoweit intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG.

OGH 16.9.2020, 7 Ob 118/20h

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