Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) hat in sich in 2 Entscheidungen (gegen die Deutsche Bank und die Targobank) mit den Zinsen bei Überschreiten eines Kontos beschäftigt. Die gegenständlichen Geschäftsbedingungen sahen jeweils ein Mindestentgelt für eine "geduldete Überziehung" vor. Laut AGB einer Bank waren 16,5 % pa Überschreitungszinsen vorgesehen, weiters 6,90 EUR an Kosten. Dieser Betrag wurde nur dann nicht verrechnet, wenn die angefallenen Sollzinsen diese Kosten überstiegen. Die andere Bank schrieb als Pauschalgebühr 2,95 EUR für eine geduldete Überziehung vor.
Für den BGH ist dieses pauschale Mindestentgelt gesetzwidrig. Es unterliegt der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs 1 Satz 1, Abs 2 Nr 1 BGB) und hält dieser nicht stand, weil es die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligt. Es handelt sich hierbei nicht um sogenannte Preishauptrede, die dieser Inhaltskontrolle entzogen sind, sondern um Preisnebenabreden, die einer Inhaltskontrolle unterliegen. In den Fällen, in denen das Mindestentgelt erhoben wird, wird mit diesem unabhängig von der Laufzeit des Kredites ein Bearbeitungsaufwand der Bank auf den Kunden abgewälzt.
Die Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten in unangemessener Weise, zumal sie gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten zu unverhältnismäßigen Belastungen führen. Bei einer geduldeten Überziehung von zB 10 € für einen Tag und dem hierfür in Rechnung zu stellenden Betrag von 6,90 EUR bzw. von 2,95 EUR wäre ein Zinssatz von 25.185% pa bzw von 10.767,5% pa zwischen den Parteien zu vereinbaren.
BGH 25.10.2016 (XI ZR 9/15 und XI ZR 387/15)
Anmerkungen:
In Österreich wird zwischen der Überziehungsmöglichkeit und der Überschreitung unterschieden. Bei der Überziehungsmöglichkeit (§§ 18 – 22 VKrG) wird zwischen der Bank und dem Kunden vereinbart, dass der Kunde einen Anspruch darauf hat, sein Konto zu überziehen. ZB wird ein Überziehungsrahmen von 2000 EUR vereinbart. Es liegt dann am Kunden, ob er davon Gebrauch machen möchte, oder nicht. Die Bank hat ihm das Geld auszubezahlen. Bei der Überziehungsmöglichkeit gibt es umfassende auch vorvertragliche Informationspflichten der Bank. Auf die Überziehungsmöglichkeit kommen idR die Vorschriften des 2.Abschnittes des VKrG zur Anwendung.
Eine Überschreitung (§§ 23 f VKrG) hingegen hat der Kunde keinen Anspruch darauf. Er hebt zB mehr ab als es ihm sein Überziehungsrahmen ermöglichen würde oder kein Überziehungsrahmen vereinbart wurde, hebt er soviel ab, dass er ins Minus gerät und die Bank gibt ihm das Geld. Dh die Überschreitung wird seitens der Bank stillschweigend akzeptiert und - anders als die Überziehungsmöglichkeit - nicht vorher vereinbart. Der Kunde hat hier keinen Anspruch darauf. Hier ist der 2.Abschnitt des VKrG nicht anwendbar. Es gibt hier gewisse Sondervorschriften bzgl der Informationsverpflichtung der Bank. Diese sind im Vergleich zur Überziehungsmöglichkeit deutlich reduziert.
In Deutschland wird hierzu eine andere Terminologie benutzt: Dort heißt die Überziehungsmöglichkeit "eingeräumte Überziehungsmöglichkeit" (§ 504 BGB) und die Überschreitung: "Geduldete Überziehung" (§ 505 BGB). Obige BGH-Entscheidungen betrafen die geduldete Überziehung, sohin die Überschreitung nach österreichischem Recht.