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"Die Lehren aus der Finanzkrise?"

Gewerbeordnung und Wertpapieraufsichtsgesetz sollen novelliert werden. Man setzt auf mehr Ausbildung, aber wo bleibt mehr Transparenz bei Provisionen und eine Eindämmung von Strukturvertrieben?

Vor rund drei Jahren begann mit dem Konkurs von Lehman Brothers die Finanzkrise. Im Herbst 2008 mussten Anleger massenhaft erkennen, dass sie von ihren Finanzberatern falsch beraten worden waren. Die Aufregung war groß. Im Parlament wurde am 10. Dezember 2008 der Entschluss gefasst, die Regierung möge die Lehren aus der Krise aufarbeiten und eine Reform der Anlageberatungsberufe vornehmen.

Nun liegt die Regierungsvorlage zu einer Novelle von Gewerbeordnung und Wertpapieraufsichtsgesetz im Parlament. Zentraler Punkt: Statt der früheren Finanzdienstleistungsassistenten (freies Gewerbe) gibt es nunmehr die Wertpapiervermittler als regelmentiertes Gewerbe mit Vorschriften zur Aus- und Weiterbildung. Entgegen dem ursprünglichen Entwurf dürfen diese auch für Wertpapierfirmen (zB AWD) tätig werden. Mehr Ausbildung ist sicherlich gut - aber das ist nicht der Punkt, wenn man nach Ursachen der Krise und Lehren daraus sucht.

Eine Studie des dt. Verbraucherschutzministeriums zeigt deutlich auf, dass das bestehende Provisionssystem den wirtschaftlichen Anreiz bildet, dass Produkte vermittelt werden, die dem Berater die meiste Provision einbringen. Wir wissen, dass beim AWD je nach Produktgruppe verschieden hohe Provisionen an die Berater geflossen sind (Bausparvertrag 0,34 Einheiten / Immobilienaktien bis zu 3,8 Einheiten). Wir wissen aber bis heute nicht, welche Provisionen die Emittenten den Wertpapierdienstleistern bezahlt haben. So lassen Veröffentlichungen vermuten, dass der AWD selbst für Immobilienaktien bis zu 16% Provision bezogen hat. Aber selbst in den Verfahren um Schadenersatz haben die Gerichte den AWD bislang nicht gezwungen, diese - für die Beurteilung der "unabhängigen Beratung" wichtigen - Informationen vorzulegen.

Das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 sieht zwar (§ 39 WAG 2007) eine Verpflichtung zur Information des Kunden vor, doch diese ist in Form (kann auch mündlich sein) und Zeitpunkt (vor Erbringung der Dienstleistung) ineffizient.

Im Zusammenhang mit Korruptionsskandalen werden derzeit gesetzliche Regelungen zum Lobbying diskutiert; Kernpunkt dabei die Transparenz der Auftraggeber und Honorare. Transparenz wäre aber auch bei den Finanzdienstleistern ein wesentlicher Schritt gewesen: Warum gibt es keine Vorschrift, dass diese veröffentlichen müssen, von wem sie welche Provisionen empfangen haben? Warum muss nicht transparent dargestellt werden, welche Beratergruppen in der Pyramide welche Provisionen bei welchen Produkten verdient haben? Ohne diese Transparenz bleibt die Dynamik des Vertriebes - warum werden Produkte gepusht und andere nicht - weiter im Dunkeln.

Ein wesentliches Moment für die breiten Schäden von Sparbuch-Sparern im Zuge der Finanzkrise waren auch die Strukturvertriebe. Nach den Methoden des MLM (Multi Level Marketing) wurden Vertriebspyramiden geschaffen und immer neue Berater angeworben, um möglichst in alle Wohnzimmer der Österreicher und Österreicherinnen zu gelangen. Bekannte und Verwandte sollten angekeilt werden: Zum einen um Finanzprodukte zu verkaufen; zum anderen um weitere Einsteiger ins System anzuwerben. An deren Provisionen haben die Werber in der Folge - in der Pyramide - auch mitkassiert.

MLM mag harmlos scheinen, wenn darüber Plastikgeschirr auf Hausmänner-Parties verkauft wird. Wenn aber über das bitter ersparte Vermögen kleiner Sparer disponiert wird, dann wird ein Vertriebssystem, das auf diesen Methoden aufbaut, schlicht gefährlich. Das hat die Finanzkrise deutlich gezeigt. Statt aber Strukturvertriebe zu verbieten, meint man diese durch bessere Ausbildung von Beratern domestizieren zu können. Das muss scheitern. Denn schon bislang konnte man in AWD-Skripten lesen, dass typische AWD-Kunden nicht die Klientel für Aktien seien, weil da das Kursrisiko und ein Totalausfallrisiko bestünden. Das hat den AWD nicht gehindert, in anderen Schulungen durch die Emittenten selbst (etwa durch die Constantia Privatbank bei Immofinanz) die Immobilienaktien zu verharmlosen und in Verkaufstrainings die Berater zum Verkauf eines Traums zu trainieren.

Die Lehren aus der Finanzkrise sind also halbherzig - zentrale Ursachen für Fehlberatungen werden nicht geregelt bzw abgeschafft.

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