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Dolinschek beauftragt VKI mit Klagen gegen österreichische Lebensversicherer

OTS0028 5 WI 0873 NST0001 03.Mai 05

Versicherungskunden müssen derzeit die gesamte Provision des Vermittlers vorweg bezahlen.

Wien (BMSG/STS) - Lebensversicherungen sind in Österreich das beliebteste Produkt für die private Altersvorsorge. Sie werden nicht zuletzt auch aufgrund des Ausbaus der dritten Säule im Bereich der Pensionssysteme steuerlich erheblich gefördert. "Umso gravierender ist es, dass wir laufend mit vielen Beschwerden enttäuschter Versicherungskunden befasst sind, denen ihren persönlichen Bedürfnissen widersprechende Lebensversicherungen verkauft wurden und die im Fall einer vorzeitigen Kündigung oder Prämienfreistellung des Vertrages ihre bereits eingezahlten Prämien ganz oder zu einem großen Teil verlieren. Wir werden daher gemeinsam mit unseren Rechtsinstrumenten gegen diese Provisionsgestaltung auf Kosten der Konsumenten vorgehen", kritisierte heute Konsumentenschutzstaatssekretär Sigisbert Dolinschek.

Der Staatssekretär betonte hierbei auch, dass er sich nach Abschluss der Klagen eine klärende und den Richtlinien des Konsumentenschutzes angepasste Gesetzesinitiative vorstellen könnte. Der Hauptgrund für diese Probleme ist das in Österreich von nahezu allen Versicherungen praktizierte Provisionssystem, bei dem die Provision des Vermittlers (Versicherungsmakler, Versicherungsagent oder Angestellter der Versicherung) als Prozentsatz, der während der gesamten jahrzehntelangen Vertragslaufzeit anfallenden Prämien berechnet wird. Dadurch ergeben sich sehr hohe Provisionen, die der Vermittler bei Vertragsabschluss sofort zur Gänze ausbezahlt erhält und die dem Versicherungskunden kalkulatorisch sofort zur Gänze in Rechnung gestellt werden. In der Folge werden die vom Kunden zu Beginn des Vertrages bezahlten Prämien ausschließlich zur Abdeckung der Vermittlerprovision und der sonstigen Abschlusskosten und nicht zur Kapitalbildung für den Kunden verwendet. Der Versicherungskunde hat zwar nach dem Gesetz das Recht, eine kapitalbildende Lebensversicherung nach Ablauf eines Jahres jederzeit mit dreimonatiger Kündigungsfrist auf den Monatsschluss zu kündigen (oder prämienfrei zu stellen) und sich sein bereits angespartes Kapital auszahlen zu lassen. Wegen der vorrangigen Abdeckung der Vermittlerprovision ist jedoch in den ersten Jahren nach Vertragabschluss noch kein oder nur ein sehr geringes Kapital vorhanden, wodurch das gesetzliche Kündigungsrecht des Kunden praktisch wertlos ist und er seine bereits geleisteten Zahlungen zur Gänze oder zum Großteil verliert.

Dieses Provisionssystem hat naturgemäß sehr nachteilige Auswirkungen auf die Beratungsqualität, da es für den Provisionsanspruch des Vermittlers völlig egal ist, wie lange der Vertrag aufrecht bleibt. Vielmehr geht die vorzeitige Stornierung einer Lebensversicherungen immer ausschließlich zu Lasten des Kunden. Verträge, die sich der Verbraucher finanziell nicht auf Dauer leisten kann oder die seinen persönlichen Wünschen und Bedürfnissen widersprechen und die daher bald wieder gekündigt werden müssen, sind die häufige Folge.

"Rechtlich ist diese Art der Abschlusskostenverrechnung - soweit die Judikatur in Deutschland - jedenfalls nur dann zulässig, wenn sie mit dem Kunden im Versicherungsvertrag vereinbart wird und der Kunde in dieser Vereinbarung vollständig und verständlich über die damit für ihn verbundenen gravierenden Nachteile aufgeklärt wird", sagte der Staatssekretär. Eine nähere Untersuchung der an das Konsumentenschutzressort herangetragenen Beschwerdefälle hat jedoch ergeben, dass sich die österreichischen Versicherungsgesellschaften in fast allen Fällen auf keine gültigen vertraglichen Regelungen zur sofortigen Verrechnung der gesamten Abschlusskosten berufen können. Die von den Versicherungen im Fall einer Kündigung oder Prämienfreistellung vorgenommenen Abrechnungen sind daher rechtlich nicht gedeckt. Dolinschek weiter: "Kunden, die ihre Lebensversicherung vorzeitig auflösen, müssten somit eigentlich wesentlich höhere Rückkaufswerte ausbezahlt erhalten, als das derzeit der Fall ist. Da vermutet wird, dass bei vielen Lebensversicherungsprodukten mehr als die Hälfte der Verträge vorzeitig gekündigt oder prämienfrei gestellt wird, handelt es sich um ein Problem von sehr großer wirtschaftlicher Tragweite".

Nachdem monatelange Verhandlungen mit dem Verband der Versicherungsunternehmen Österreich über eine einvernehmliche Lösung für die gesamte Branche erfolglos geblieben sind, hat Dolinschek den Verein für Konsumenteninformation nunmehr beauftragt, mit Abmahnungen und Verbandsklagen gegen die betroffenen Versicherungen vorzugehen. Derzeit sind bereits die UNIQA Personenversicherung, die Wiener Städtische, die Generali Versicherung, die Aspecta Lebensversicherung, Skandia Leben, die Zürich Versicherung, die UNION Versicherung, die Österreichische Beamtenversicherung (ÖBV), die Nürnberger Versicherung, die Victoria Volksbanken Versicherung, die Raiffeisen Versicherung (FinanceLife) und die Gothaer Versicherung abgemahnt oder geklagt worden. Weitere Verbandsklagen und Musterprozesse zugunsten geschädigter VerbraucherInnen werden vorbereitet.

"Angesichts der zunehmenden Bedeutung der privaten Altervorsorge und der staatlichen Förderungen muss gewährleistet sein, dass beim Verkauf von Lebensversicherungen die Bedürfnisse der KonsumentInnen im Vordergrund stehen", betont Dolinschek. "Es kann nicht sein, dass hier in erster Linie die Verkaufs- und Provisionsinteressen der Versicherungen und ihres Vertriebsapparates bedient werden und in großem Umfang Geld, das VerbraucherInnen für ihre private Pension oft mühsam zur Seite legen, sinnlos vernichtet wird. Wir werden daher gemeinsam mit den VKI den Klagsweg beschreiten, den Konsumenten zu ihrem Recht verhelfen, aber auch eine Änderung des Gesetzes prüfen", so Dolinschek.

Es müssten daher, so der Staatssekretär weiter, bei der Verrechnung der Vermittlerprovision auch die Interessen der Kunden ausreichend berücksichtigt werden. Man wäre bereit gewesen, eine Lösung zu akzeptieren, nach der die Vermittlerprovision dem Kunden über einen Zeitraum von 5 Jahren verteilt verrechnet werde und der Vermittler seine volle Provision daher erst dann erhalte, wenn der Vertrag zumindest 5 Jahre aufrecht bliebe. Dadurch könnte man einerseits einen Anreiz für den Vermittler setzen, den Kunden möglichst gut zu beraten und es wäre gleichzeitig gewährleistet, dass der Kunde im Fall einer vorzeitigen Kündigung einen fairen Rückkaufswert ausbezahlt erhielte. "Leider konnte sich der Versicherungsverband nicht zu dieser Lösung durchringen, obwohl wir den Versicherungsgesellschaften damit ohnehin sehr weit entgegen gekommen wären. Wir haben uns daher nunmehr zum Schutz der Verbraucher an die Gerichte gewandt", so der Staatssekretär. (Schluß) bxf

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