Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - seit Jahren Verbandsklagen gegen die Unsitte von Unternehmen (insbesondere auch aus der Telekommunikationsbranche), jene Kunden, die darauf bestehen mit Zahlscheinen oder Online-Banking Rechnungen zu bezahlen und keine Einzugsermächtigung erteilen, mit einem besonderen Entgelt für "Zahlscheinzahlungen" zu belasten. Die Verbandsklagen wurden bislang durch alle Instanzen gewonnen. Der OGH hat aber - in einer Verbandsklage gegen T-Mobile auf Antrag der Beklagten - die Frage der Richtlinienkonformität der österreichischen Regelung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Heute hat der Generalanwalt die drei anhängigen Fragen im Sinn des VKI beantwortet. Nun ist abzuwarten, wie der EuGH entscheiden wird.
Fällige Rechnungen können in der Regel entweder via Zahlschein oder auch via Online-Banking durch Überweisung des Geldbetrages an das Unternehmen oder aber durch Erteilung einer Einzugsermächtigung an das Unternehmen und Einzug des Geldbetrages vom Kundenkonto beglichen werden. Unternehmer - insbesondere die Telekom Branche - forcieren die Einzugsermächtigung, weil man sich dadurch Kosten der Zahlungszuordnung und ein Mahnwesen ersparen könne. Kunden wollen aber oft einen Überblick über ihre Zahlungen behalten und lehnen es ab, Einzugsermächtigungen zu erteilen. Daher sind viele Unternehmen dazu übergegangen, von jenen, die Einzugsermächtigungen verweigern, ein besonderes Entgelt für die "Zahlscheinzahlung" in Höhe von einigen Euro pro Rechnung zu verlangen.
Diese Praxis ist seit 1.11.2009 durch Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetzes (ZaDiG) verboten. Unternehmer dürfen danach bestimmte Zahlungsmittel nicht durch besondere Entgelte belasten. Das haben österreichische Gerichte in einer Reihe von unterinstanzlichen Urteilen klar festgestellt. Dennoch werden bis heute diese Entgelte verlangt.
In einem Verbandsklageverfahren gegen T-Mobile hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun den EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren um die Beantwortung von drei Fragen ersucht:
- Ist die Zahlungsdienste-Richtlinie auch auf das Vertragsverhältnis zwischen einem Mobilfunkbetreiber und Verbrauchern anzuwenden?
- Sind "Zahlscheinzahlungen" und Überweisungen via Online-Banking "Zahlungsinstrumente" im Sinn der Richtlinie?
- Ist es im Lichte der Richtlinie zulässig, ein generelles Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger vorzusehen?
Der Generalanwalt hat nun - nach einer mündlichen Verhandlung - diese drei Fragen im Sinn des VKI beantwortet:
- Die Richtlinie ist anzuwenden. Nach Ansicht des Generalanwaltes besteht kein Zweifel, dass T-mobile Zahlungsempfänger und die Kunden von T-mobile Zahler im Sinne der Richtlinie sind. T-mobile ist als Zahlungsempfänger eine "juristische Person, die den bei einem Zahlungsvorgang transferierten Geldbetrag als Empfänger erhalten soll".
- Die strittigen Zahlungsformen sind "Zahlungsinstrumente". Der Generalanwalt bejaht die Frage, und unterstützt damit die Ansicht des VKI, dass sowohl Zahlscheine, als auch Überweisungen im Online-Banking Zahlungsinstrumente darstellen. Die Anerkennung einer Überweisung als Zahlungsinstrument wird auch durch die Praxis der Europäischen Zentralbank unterstützt, da Überweisungen unten den Zahlungsinstrumenten im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payment Area "SEPA") angeführt werden.
- Das generelle Verbot der Erhebung von Entgelten im ZaDiG ist richtlinienkonform. Österreich hat bei der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie von seinem Recht Gebrauch gemacht die Erhebung von Entgelten für bestimmte Zahlungsmittel zu untersagen. Der Generalanwalt ist in seinen Ausführungen der Meinung, dass es in der Praxis bei der Berechnung von Aufschlägen oft zu einer missbräuchlichen Preisgestaltung durch einige Händler führt, nämlich zu Entgelten, die gegenüber den Kosten des Händlers für den Abschluss der Transaktion unverhältnismäßig hoch sind, insbesondere in den Fällen, in denen der Verbraucher kein anderes Zahlungsinstrument verwenden kann.
Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob das Entgelt von 3,- EUR den tasächlichen Kosten entspricht. Der Zahlungsempfänger, der Geldbeträge aus europäischen Überweisungen erhält hat im Allgemeinen ein geringes oder kein Entgelt zu entrichten. Der Generalanwalt stellt fest, dass es gut möglich sei, dass T-mobile die 3,- EUR nicht für die Verrechnung der tatsächlichen Kosten verwendet, sondern die Kunden davon abgehalten werden sollen ihre Rechnungen mit Überweisung zu begleichen.
Die österreichische Regelung bei bestimmten Zahlungsinstrumenten die Erhebung von Entgelten zu verbieten ist nach Ansicht des Generalanwaltes richtlinienkonform.
T-mobile hat auch die zeitliche Begrenzung des Urteils beantragt, mit der Begründung, dass massive finanzielle Auswirkungen auf die Telekommunikationsbranche zu befürchten seien. Bereits bezahlte Zahlscheingebühren könnten bei Bejahung dieses Antrages nicht zurückgefordert werden. Der Generalanwalt unterstützt jedoch diesen Antrag nicht, da der Gerichtshof nur ausnahmsweise eine solche Begrenzung festsetzen kann und auch nur dann, wenn guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwewiegender Störungen erfüllt sind. T-mobile hat jedoch im Verfahren nichts vorgetragen inwiefern die Gefahr einer schwewiegenden wirtschaftlichen Auswirkung besteht.
In aller Regel folgt der EuGH den Anträgen der Generalanwälte. Die Ausfertigung des urteils wird in 3-6 Monaten erwartet
Beklagtenvertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer KG, Wien
Rechtssache C-616/11