Der VKI führt - im Auftrag des Sozialministeriums - eine Verbandsklage gegen eine Reihe von Klauseln (ua die Rechtswahlklausel zugunsten deutschen Rechts) in den Treuhandverträgen der TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG mit Sitz in Hamburg, die als Treuhänderin die Beteiligungen der österreichischen Anleger an mehreren Immobilien- und Schiffsfonds des deutschen Emissionshauses MPC verwaltet.
Strittig ist, ob die Klauseln nach deutschem Recht zu prüfen sind oder aber nach österreichischem Recht.
Das HG Wien hatte der Klage des VKI im September 2015 vollinhaltlich stattgegeben und österreichisches Recht angewendet. Das OLG Wien hatte das Urteil in 2. Instanz aufgehoben und zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen, weil die Prüfung der Gültigkeit der Rechtswahlklausel zwar deutschem Recht unterliege, die Klausel aber jedenfalls in Anlehnung an die EuGH-Entscheidung in der Rs VKI/Amazon unzulässig sei.
Der OGH hat zu 6 Ob 5/17d ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gestellt. Die nunmehr vorliegenden Schlussanträge von Generalanwalt Saugmandsgaard Øe geben dem VKI in allen Punkten recht. Sie enthalten wesentliche Klarstellungen zu Anwendungsbereich und Reichweite des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes:
- "Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht ... und das Recht der juristischen Personen" sind vom Anwendungsbereich der Rom I-VO (593/2008) gem Art 1 Abs 2 lit f (entspricht Art 1 Abs 2 lit e EVÜ) ausgenommen. Die TVP hatte argumentiert, dass die Gesellschafts- und Treuhandverträge so eng miteinander verzahnt seien, dass der Ausschluss auch die Treuhandverträge umfasse, sodass sich das anwendbare Recht nach dem Gesellschaftsstatut gem §§ 10, 12 IPRG bestimme und die Rom I-VO nicht anwendbar sei. Nach dem Generalanwalt gilt der Ausschluss demgegenüber nicht für die Treuhandverträge. Diese unterliegen als schuldrechtliche Rechtsverhältnisse vielmehr der Rom I-VO.
- In Hinblick auf die Ausnahme vom zwingenden kollisionsrechtlichen Verbraucherstatut bei "ausschließlicher Erbringung der geschuldeten Dienstleistungen" außerhalb des Heimatstaats des Verbrauchers in Art 6 Abs 4 lit a Rom I-VO (Art 5 Abs 4 lit b EVÜ) stellte der Generalanwalt klar, dass diese eng auszulegen ist und nicht gilt, wenn - wie hier - Dienstleistungen im Staat des Verbrauchers aus der Distanz zu erbringen sind.
- Die Rechtswahlklausel zugunsten deutschen Rechts ist nach dem Generalanwalt unter Verweis auf das Urteil des EuGH in der Rs VKI/Amazon unzulässig im Sinne der Klausel-RL (93/13/EWG), weil sie den Verbraucher nicht darüber unterrichtet, dass er ungeachtet der Rechtswahl nach Art 6 Abs 2 Rom I-VO auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen seines Heimatstaats genießt.
Das Urteil des EuGH wird für die nächsten Monate erwartet.
Schlussanträge vom 5.9.2019, C‑272/18, VKI/TVP
Klagsvertreter: RA Dr. Sebastian Schumacher