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Haftung der Bank bei falscher Zuordnung von Sparbüchern

Zwei Brüder eröffneten zur gleichen Zeit Sparbücher bei derselben Bank. Die beklagte Bank erfasste durch einen Fehler einen Bruder als Inhaber aller Sparbücher, dh auch für die Sparbücher seines Bruders (vinkulierte Kleinbetragssparbücher mit Losungswort).

Jahre später behoben Frau und Schwiegertochter des Bruders, der fälschlicherweise nicht als Inhaber genannt wurde, von seinem Sparbuch in seinem Auftrag unter Verwendung des Losungsworts das Guthaben seiner Sparbücher. Der Sohn des anderen - mittlerweile dementen - Bruders erhob später eine Strafanzeige, weil er dachte, dass jemand unberechtigerweise von den Sparbüchern seines Vaters Geld abgehoben hätte.

Im Strafverfahren gegen die Frau und die Schwiegertochter ergab sich, dass die Bank die Sparbücher falsch zugeordnet hatte. Die beiden Frauen wurden freigesprochen, ihnen entstanden aber für Vertretung im Strafverfahren Kosten. Diese klagten sie aus dem Titel des Schadenersatzes gegen die Bank. Der Klage wurde stattgegeben.

Die beklagte Bank war aus der vertraglichen Beziehung mit dem tatsächlichen Sparbuchberechtigten verpflichtet, die Guthaben intern der richtigen Person zuzuordnen (und in der Folge auch richtige Auskünfte darüber zu erteilen). Diese Verpflichtung ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Einlage gerade nicht nur aufgrund des Losungswortes an jede vorlegende Person zur Auszahlung gelangen kann, sondern nach § 31 Abs 3 BWG auch im Erbweg oder dann, wenn die vorlegende Person sonst ihr Verfügungsrecht nachweist. Daraus erhellt, dass sowohl materiell Berechtigte als auch die Personen, die das Sparbuch unter Nennung des Losungswortes vorlegen, gegen die Bank - nach Identifizierung ihrer Identität - einen direkten vertraglichen Anspruch auf Auszahlung haben. Schon daraus sind direkte vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten auch zugunsten der vorlegenden Personen begründet.

Wer eine Vertragspflicht verletzt, haftet seinem Vertragspartner gegenüber nur insoweit für daraus entstehende Schäden, als die geschädigten Interessen in der Richtung der übernommenen Pflichten liegen. Die hier vorliegende Vertragsverletzung durch die Beklagte liegt in der grob fehlerhaften Erfassung der Personenidentität ihres Vertragspartners. Die vertragliche Verpflichtung der richtigen Zuordnung soll erkennbar auch die Vermögensinteressen aller zur Behebung Berechtigten schützen und es soll durch die strengen Vorschriften der Identifizierung vermieden werden, dass nichtberechtigte Personen Behebungen vornehmen. Damit ist in den genannten Bestimmungen umgekehrt auch das Interesse berechtigter Personen mitumfasst, nicht einer Verfolgung wegen der legitimen Ausübung ihrer vertraglichen Rechte ausgesetzt zu werden, weil die Feststellung der Identität des Kunden und Überprüfung der Kundenidentität durch die Bank fehlerhaft war.

Hier hat die Vertragsverletzung durch die Beklagte die strafrechtliche Verfolgung ausgelöst. Im Ergebnis ist daher das Interesse, nicht fälschlich der unberechtigten Ansichnahme von Vermögen bezichtigt zu werden, vom Schutzzweck der Identifizierungspflicht umfasst, welche die Beklagte hier gröblich verletzt hat.

OGH 28.1.2020, 4 Ob 209/19t

Das Urteil im Volltext.

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