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Info: Konsumentenschutzgesetz - KSchG ist am 1.10.2009 30 Jahre alt

Am 1.10.1979 trat das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) in Kraft. Im Kern sollten bei Verbrauchergeschäften (an denen auf der einen Seite ein Unternehmer, auf der anderen Seite ein Verbraucher beteiligt sind) besondere Regeln das strukturelle Ungleichgewicht ausgleichen helfen.

Tausende Gerichtsentscheidungen belegen - das KSchG ist ein praxisnahes Gesetz, das sich auch immer weiter entwickelt. Nun droht Gefahr durch die diskutierte Verbraucherrechtsrichtlinie der EU.

Kernregelung waren das Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften und eine Liste von unwirksamen Klauseln in Verbraucherverträgen. Weiters wurde die Verbandsklage gegen unfaire Klauseln eingeführt.

Das KSchG ist ein Gesetz mit besonders viel "Praxis" - fragt man im Rechtsinformationssystem des Bundes Entscheidungen zum "KSchG" ab, bekommt man tausende Treffer. Die Konsumentenrecht Entscheidungssammlung (KRES) - die der VKI herausgibt - enthält ebenfalls weit über 1000 Entscheidungen österreichischer Gerichte; vor allem zu Bestimmungen des KSchG.

Das KSchG wurde oftmals novelliert und an die Probleme der Zeit angepasst. Insbesondere die Umsetzung von EU Verbraucherschutzrichtlinien führte zu vielen Gesetzesänderungen.

Musterprozesse formen das KSchG

Der VKI hat - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - mit vielen Musterprozessen und Verbandsklagen zur Fortentwicklung des KSchG wesentlich beigetragen:

● Regelung von Zinsgleitklauseln

In den Neuziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts fanden sich in Verbraucherkreditverträgen Zinsanpassungsklauseln, die vorsahen, dass die Kreditzinsen "nach der Entwicklung auf dem Geld- und Kapitalmarkt" seitens der Bank einseitig angepasst werden dürften. Das war ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, wonach die Parameter einer Änderung vertraglich festgelegt und auch vom Willen des Unternehmers unabhängig sein müssen. Der VKI gewann eine Verbandsklage im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums. Die in der Judikatur gefundenen weiteren Kriterien für solche Klauseln wurden 1997 im KSchG fixiert: Die Klausel muss zweiseitig sein (die Bank darf erhöhen, muss aber auch senken) und die Parameter müssen sachlich gerechtfertigt sein. Seither gibt es bei den Krediten weitgehend transparente Zinsgleitklauseln. Judikatur und Gesetzgebungen haben ein großes Verbraucherproblem zufriedenstellend gelöst.

● "Gewinnabschöpfung" bei Gewinnzusagen

Jahrelang versprach ein "Friedrich Müller" - eine Wortmarke verschiedener Versandfirmen in Wien - österreichischen Verbrauchern "Millionengewinne". Diese musste man unter Zahlung eines Organisationsbeitrages oder via Mehrwertnummer anfordern. Tatsächlich hat kaum jemand einen "Gewinn" gemacht. Die Gewinne waren unter den hunderttausenden Adressaten vorverlost worden; der einzelne hatte nur eine "Gewinnchance" gewonnen. Viele Verbraucher glaubten sich als Millionäre und disponierten über das kommende Geld. So entstand den Verbrauchern neben den Organisations- bzw Telefonkosten ein weiterer Schaden. Viele forderten, dass man diesen Nepp abstellen solle. Der VKI und die AK führten eine Reihe von Verbandsklagen wegen irreführender Werbung; allein die Firma zahlte Strafen aus der Portokasse. Erst eine Neuerung im KSchG schaffte Ordnung. 1999 stellte der Gesetzgeber irreführende Gewinnzusagen unter eine scharfe Sanktion: Die zugesagten Gewinne sollten klagbar sein. In der Folge klagten viele Verbraucher mit Unterstützung des VKI oder der AK bzw mit Deckung ihrer Rechtsschutzversicherungen. Es gab eine Vielzahl von positiven Urteilen. Heute wirbt "Friedrich Mülller" in Österreich nicht mehr. Urteile zur Auszahlung der Gewinne und Vorerhebungen für ein Strafverfahren haben den Verantwortlichen die Lust, österreichische Konsumenten zu neppen genommen. Das KSchG hat in der Praxis sehr effektiv Wirkung gezeigt.

● Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude

Wenn eine Brech-Durchfall-Epidemie den Urlaub verdirbt, dann ist Preisminderung keine wirkliche Kompensation. Der Erkrankte hat zudem Anspruch auf Schmerzengeld. Doch was bekommen die Eltern kranker Kinder, deren Urlaub ebenfalls völlig verdorben ist? Es war ein Musterprozess eines Rechtsanwaltes, der im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof eine Neuerung in das KSchG brachte. Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude steht nach der Pauschalreiserichtlinie zu und wurde 2003 in § 31e KSchG verankert. Seither wird ausjudiziert, wann und wie viel ein Reisender verlangen kann.

● Mithaftung beim Bankkredit - Informationspflichten und Mäßigungsrecht

Die Schuldnerberatungen können ein Lied davon singen: Ein Weg in die Verschuldung ist die Übernahme der Mithaftung/Bürgschaft für einen Kredit an einen Angehörigen. Aus der "reinen Formalität" wird vielfach eine Haftung, die der Betroffene sein Leben lang nie zurückzahlen kann. Es war zunächst die Judikatur, die Bürgschaften von vermögenslosen Ehegattinnen für Geschäftskredite ihrer Ehegatten für sittenwidrig und nichtig erklärt hat. 1997 hat der Gesetzgeber reagiert und zwei höchst wirksame Regelungen im KSchG eingebaut:

Nach § 25c KSchG muss die Bank den Interzedenten auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinweisen, wenn sie erkennt oder erkennen kann, dass dieser seine Schuld nicht oder nicht zur Gänze wird zurückzahlen können. Tut sie das nicht, entfällt die Haftung des Interzedenten.

Nach § 25d KSchG kann das Gericht die Verbindlichkeit eines Interzedenten gegenüber der Bank - bis auf Null - mindern, wenn die Interzession in keinem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Interzedenten steht, dieser keinen Vorteil aus dem Kredit hat und den Vertrag nur eingeht, weil er sich moralisch dazu gedrängt sieht. Diese Regelungen waren seither vielen Ehegattinnen oder auch Geschwistern und Eltern zu Hilfe, sich aus einer lebenslangen Schuldknechtschaft wegen familiärer Verpflichtungen wieder zu entziehen.

● Transparenzgebot - Neues Leitbild der Kontrolle von Vertragsklauseln

1997 hat der Gesetzgeber dem Klauselkatalog der verbotenen Klauseln in § 6 KSchG einen weiteren Absatz hinzugefügt: Ist eine Klausel in AGB eines Verbrauchervertrages "unklar oder unverständlich", dann ist sie unwirksam. Seit damals gibt es unzählige Urteile, die klarstellen, welche Klauseln intransparent sind. So ist etwa der kaskadenartige Verweis auf immer weitere Bedingungen unwirksam; ebenso das Verschleiern der Auswirkungen bestimmter Regelungen bzw der wahren gesetzlichen Situation. Letztlich stellt sich auch die Frage: Wie klein darf das Kleingedruckte sein? Der VKI hat dazu einen interessanten Musterprozess gegen einen Mobilfunker anhängig.

● Was ist ein Verbrauchergeschäft?

Jedes Geschäft zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer. Was so klar klingt, hat viele Tücken. Ist der Vermieter einer Wohnung ein Unternehmer? - Nein. Wenn jemand 5 Wohnungen vermietet? - Ja. Es war eine Reihe von Musterprozessen nötig, um diese Grundfragen auszujudizieren. Als unklar war, ob das KSchG auch auf den Beitritt zu dubiosen Vereinen anzuwenden sei, hat der Gesetzgeber 1999 im Lichte von Gerichtsverfahren des VKI, eine Klarstellung getroffen.

● Rücktrittsrecht(e)

Das Rücktrittsrecht beim "Haustürgeschäft" war eine Kernregelung, über die bei Inkrafttreten des KSchG viel geschrieben wurde. Was so einfach klingt, entpuppte sich als eine Regelung, zu der viel Judikatur ergehen sollte. Insbesondere die Frage der Anbahnung des Vertrages durch den Verbraucher, die den Rücktritt ausschließt, war Gegenstand vieler Verfahren. Mit der Zeit wurden auch die Rücktrittsrechte mehr: Rücktritt vom Maklervertrag, Rücktritt beim Wegfall von Zusagen, Rücktritt vom Zeitschriftenabonnement, Rücktritt im Fernabsatz. Viele Rechte mit unterschiedlichen Fristen und Ausgestaltungen; kaum ein Verbraucher kennt heute diese Regelungen mehr.

KSchG - was steht an?

● Durch die lebendige Fortentwicklung wurde das KSchG unübersichtlich. Es gibt fast gleich viele Paragrafen, die mit Buchstaben erweitert sind, als ohne.

● Die Rücktrittsrechte des KSchG kennen verschiedene Termine und Fristen sowie Ausgestaltungen. Ob nun Wochentage oder Wochen - für Verbraucher verwirrend und kein mehr an Schutz. Das sollte vereinheitlicht werden.

● Verbraucher können ihre Ansprüche dem VKI abtreten und der VKI kann eine Verbandsmusterklage führen. Der OGH stößt sich aber nicht daran, dass Unternehmer in ihren AGBs Abtretungsverbote vereinbaren. Da muss der Gesetzgeber einschreiten: Abtretungsverbote müssten in den Katalog der verbotenen Klauseln aufgenommen werden.

● Interzedenten werden geschützt, wenn die Bank nicht informiert. Pfandbesteller nicht. Ein Musterprozess ergab, dass eine Mutter zwar die persönliche Bürgschaft für ihren spielsüchtigen Sohn erfolgreich bekämpfen konnte, ihre verpfändete Eigentumswohnung aber von der Bank versteigert wird. Das versteht niemand; kein Verbraucher, aber auch nicht die Lehre. Hier ist der Gesetzgeber ebenfalls gefordert.

● Wenn ein Unternehmer in Inseraten Modells sucht und im Geschäftslokal statt dessen Modell-Seminare für viel Geld verkauft, dann ist das irreführende Werbung; ob der Geschädigte davon zurücktreten kann ist umstritten. Die Erweiterung des Rücktrittsrechtes liegt daher auf der Hand.

● Anders als in Deutschland zählt das KSchG Tatsachenbestätigungen im Kleingedruckten nicht zu den gesetzwidrigen Klauseln. Die Gerichte entscheiden unterschiedlich: Zum einen wird § 6 Abs 1 Z 11 KSchG (Verbot der Beweislastumkehr) analog angewendet, wenn eine Beweiserschwernis mit der Tatsachenbestätigung verbunden ist, zum anderen hat unlängst das HG Wien eine Klage des VKI gegen eine Reihe von Tatsachenbestätigungen in den Gesprächsprotokollen des AWD verworfen. Gerade dieser Fall zeigt aber die Brisanz: Den Kunden des AWD wurden von den Beratern Immobilienaktien als "so sicher wie ein Sparbuch" verkauft; im Gespräch kam kein Hinweis auf das Kurs- und Totalverlustrisiko, wie es allen Aktien gemein ist. Im Kleingedruckten gab es diese Hinweise sehr wohl - allein die Formulare wurden als "Formalität" zur Unterschrift vorgelegt; keiner hat das gelesen, was ihm da vorgelegt wurde. So wurden die Kunden überrumpelt, Aufklärungen zu bestätigen, die sie nie erhalten haben.

Dem KSchG droht Gefahr

Mit ihrem Richtlinienvorschlag über die Rechte der Verbraucher, KOM (2008) 614 will die Europäische Kommission (Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz) das europäische Verbraucherschutzrecht vereinheitlichen, weil sie in den unterschiedlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ein Hemmnis für den Binnenmarkt sieht. Idente Regeln würden es Unternehmern erleichtern, ihre Waren grenzüberschreitend anzubieten, außerdem würde der gestärkte Binnenmarkt zu niedrigeren Preisen für die Endkunden führen. Aus diesem Grund soll die geplante Richtlinie vollharmonisiert gelten, das heißt, dass die Mitgliedstaaten keine darüber hinausgehenden Schutzvorschriften erlassen dürfen. Österreich ist bisher meistens über die Mindestvorschriften der EU im Verbraucherschutz hinausgegangen, das hierzulande bestehende hohe Verbraucherschutzniveau könnte in der derzeitigen Form daher nicht beibehalten werden. Nur eine kleine Auswahl der zu erwartenden Verschlechterungen für Verbraucher kann hier dargestellt werden. 

Definitionen
So würde der Kommissionsentwurf etwa den Verbraucherbegriff einschränken, sodass z.B. eine Arbeitnehmerin, die privat einen Business English - Kurs besucht, nicht mehr wie bisher als Verbraucherin von den Regeln des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) erfasst wäre, weil berufliche Zwecke nach dem Entwurf das Vorliegen eines Verbrauchergeschäftes ausschließen.
Wichtige Verbraucherschutzregeln bzw. Judikatur, die etwa Widerrufsrechte bei Internetauktionen, z.B. beim Kauf vom gewerblichen Anbieter auf ebay, zugesteht, oder Rücktrittsrechte bei Haustürgeschäften könnten nicht aufrechterhalten werden.

Rücktrittsrechte
Klassische Situationen bei Haustürgeschäften sind der Vertragabschluss mit dem Staubsaugervertreter, der den Konsumenten daheim aufsucht, aber auch Situationen, in denen die Konsumenten auf der Strasse angesprochen und in die Räume des Unternehmers gebracht werden bzw. Werbefahrten. So könnten nach dem Richtlinienentwurf Verbraucher, die mit Gewinnversprechen zu Werbefahrten gelockt wurden, vom dort abgeschlossenen Kaufvertrag über die Heizdecke oder das Kochtopfset nicht mehr zurücktreten, außer es liegt der seltene Fall vor, dass ein solcher Vertrag außerhalb der Unternehmerräumlichkeiten ausgehandelt wurde.

In Österreich beginnt die Rücktrittsfrist beim Haustürgeschäft erst dann zu laufen, wenn der Unternehmer ordnungsgemäß über das Rücktrittsrecht aufgeklärt hat. Das heißt, dass es keine absolute Frist für den Rücktritt gibt - ohne Begründung, warum von der entsprechenden Judikatur des EuGH (Rechtssache Heininger, C - 481/99) abgegangen werden soll, die eine solche absolute Frist im deutschen Recht als gemeinschaftsrechtswidrig qualifiziert hatte, sieht die Kommission nun eine absolute Rücktrittsfrist von 3 Monaten vor. Das soll sogar dann gelten, wenn der Unternehmer den Verbraucher über das Bestehen des Rücktrittsrechts in die Irre geführt hat, indem er etwa im Bestellformular jegliches Rücktrittsrecht ausschließt.

Gewährleistung
Verschlechterungen drohen weiters (aber leider nicht nur) im Gewährleistungsrecht und beim Schutz vor gesetzwidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. So will die Kommission eine Rügepflicht für Verbraucher einführen. Entdeckt man einen Mangel bei einer gekauften Ware, ist dieser dem Verkäufer innerhalb von 2 Monaten anzuzeigen, andernfalls  erlöschen die Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers.

Außerdem darf sich nach den Plänen der Kommission der Unternehmer aussuchen, ob er einen Mangel durch Austausch oder durch Reparatur behebt. Bislang hatte der Verbraucher diese Wahl. Unklar lässt die Kommission, wie viele Chancen der Verbraucher dem Unternehmer für die Reparatur nach dem Richtlinienvorschlag einräumen muss. In Österreich ist es herrschende Ansicht, dass der Übernehmer nur einen Verbesserungsversuch dulden muss (vgl. OGH 13. 7. 2007, 6 Ob 143/07h, ecolex 2007/355 mwN). Hier käme es zum absurden Fall, dass Verbraucher im Anwendungsbereich der Richtlinie schlechter gestellt wären als Unternehmer (B2B -Bereich), auf die die allgemeinen Regeln des ABGB weiterhin anwendbar wären.

Allgemeine Geschäftsbedingungen
Die vorgesehene Vollharmonisierung bringt zudem eine massive Verschlechterung der Regeln über missbräuchliche Vertragsklauseln. In Österreich findet sich der weit über den RL - Vorschlag hinausgehende Katalog unzulässiger Vertragsklauseln in § 6 KSchG, der die Generalklausel des § 879 Abs 3 ABGB demonstrativ konkretisiert und damit - auch für Unternehmer - Orientierung gibt, welche Vertragsregeln der Gesetzgeber für ungültig erachtet, wenn ein Ungleichgewicht zwischen den Vertragspartnern vorliegt. Schon rein zahlenmäßig ist der Rückschritt offensichtlich:

Während der Klauselkatalog des § 6 KSchG in Abs 1 fünfzehn Klauseln enthält, die jedenfalls als missbräuchlich gelten und in Abs 2 sieben Klauseln, die dann missbräuchlich sind, wenn der Unternehmer nicht beweisen kann, dass sie im Einzelnen ausgehandelt wurden, zählt Anhang II des Kommissionsvorschlags fünf Klauseln auf, die unter allen Umständen als missbräuchlich gelten ("schwarze Liste"), Anhang III enthält zwölf Klauseln mit zahlreichen Ausnahmetatbeständen, deren Missbräuchlichkeit zunächst nur vermutet wird, die sogenannte "graue Liste". Der Unternehmer soll nämlich die Möglichkeit haben, zu beweisen, dass in gewissen Situationen missbräuchlich erscheinende Vertragsklauseln zulässig sind. Diese Regel ist vollkommen neu in Österreich und bewirkt, dass die Bewertung der Missbräuchlichkeit einer Klausel nun keine Rechtsfrage darstellt, sondern eine Tatsachenfrage, und daher vor Gericht ein entsprechendes Beweisverfahren durchzuführen sein wird. Angesichts des Umstandes, dass sich in AGB z.B. von Kredit-, Versicherungs-, Leasing-, Mobilfunk-, oder Mietverträgen teilweise an die 40 gesetzwidrige Klauseln finden,  würde ein Beweisverfahren zu jeder einzelnen Klausel ein erheblich umfangreicheres Vorbringen und damit Schriftsätze bedeuten, was die Dauer der Verfahren in die Länge ziehen und deren Kosten explodieren lassen würde. Die Verbandsklagstätigkeit gemäß § 28 KSchG klagsbefugter Einrichtungen würde wesentlich behindert, im Individualprozess würden Konsumenten unter diesen Vorraussetzungen von der Durchsetzung ihrer Rechte wohl eher abgehalten.

Auch wenn z.B. das  Mietrechtsgesetz (MRG) oder die heimvertraglichen Bestimmungen der §§ 27b ff KSchG  einen speziellen Regelungszweck haben, fallen sie nach der Definition des Anwendungsbereichs des Vorschlags unter die genannten Bestimmungen. Unter dem Gesichtspunkt der Vollharmonisierung dürften über die Richtlinienanhänge hinausgehende Klauselkataloge grundsätzlich nicht aufrechterhalten werden - die Folge für Österreich: eine Vielzahl von speziellen Verboten nachteiliger Klauseln in Mietverträgen und Heimverträgen (d.h. zwischen Bewohnern und Trägern von Alten- oder Behindertenheimen) würde wegfallen, Mieter und Heimbewohner wären daher schlechter geschützt als bisher.

Auch inhaltlich richtet sich der Kommissionsvorschlag gegen die Verbraucherinteressen, wie am Beispiel der Preisgleitklauseln deutlich wird:
Es wird zunächst (in Anhang III) vermutet, dass Klauseln, die ein Preiserhöhungsrecht (bzw. auch Leistungsänderungsrechte) des Unternehmers vorsehen, ohne dass der Verbraucher seinerseits das Recht hat, den Vertrag zu kündigen, missbräuchlich sind. D.h. wenn es dem Verbraucher nicht passt, soll er den Vertrag eben wechseln. Im Gegensatz dazu erlaubt § 6 Abs 1 Z 5 KSchG Preisänderungen nur dann, wenn sie zweiseitig, an objektive Parameter gebunden und vom Unternehmerwillen unabhängig sind. Damit wird berücksichtigt, dass gerade bei längerfristigen Verträgen die Verbraucher oft ein wesentliches Interesse am Fortbestand des Vertrags haben, zu denken ist an Kreditverträge, der Richtlinie offenbar unterliegende Mietverträge, Energielieferungsverträge oder Verträge über den Aufenthalt in einem Alten- oder Behindertenheim. Ein alter Mensch im Altenheim müsste, wenn es nach der Kommission geht, jegliche Preiserhöhung akzeptieren, solange er nur ein Kündigungsrecht hat. Kann er sich die Preiserhöhung nicht leisten, steht er auf der Straße. Ein Kreditnehmer, der einen Kreditvertrag mit 10jähriger Laufzeit abgeschlossen hat, muss nach dem Willen der Kommission jede Zinserhöhung hinnehmen, wenn er den Kreditvertrag nur kündigen kann.

Es steht zu befürchten, dass das in vielen Bereichen des Konsumentenrechtes für Österreich einen deutlichen Rückschritt und eine Absenkung des Schutzniveaus bedeuten würde. Gesetz und Judikatur zu unangemessenen Vertragsklauseln gehen weit über das hinaus, was derzeit von der Kommission auf diesem Gebiet vorgesehen wird. Es ist zu hoffen, dass der nächste "runde Geburtstag" noch Anlass zum Feiern gibt.

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