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Logo der Helvetia Versicherungen AG auf Bürogebäude in Wien
Bild: BalkansCat/shutterstock.com

Intransparente Klausel zum Entfall der Höchststandsgarantie

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Helvetia Versicherungen AG wegen folgender Klausel geklagt: „Die Höchststandsgarantie entfällt außerdem, wenn die im Rahmen dieses Produkts vorgesehenen Fonds – aus welchen Gründen auch immer – für die Helvetia Versicherungen AG nicht mehr verfügbar sind.“ Das HG Wien erachtete die Klausel als intransparent und daher unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Helvetia Versicherungen AG verwendete in ihren Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung die Klausel „Die Höchststandsgarantie entfällt außerdem, wenn die im Rahmen dieses Produkts vorgesehenen Fonds – aus welchen Gründen auch immer – für die Helvetia Versicherungen AG nicht mehr verfügbar sind.“ und berief sich gegenüber Vertragspartnern auf die Klausel.

Die gegenständliche Klausel ist nach Ansicht des HG Wien keine Wissenserklärung, sondern eine Vertragsbestimmung, in der der Entfall der Höchststandsgarantie für den Fall der Nichtverfügbarkeit des vorgesehenen Fonds für die Beklagte vereinbart ist. Die Klausel war vom HG Wien daher iSd § 28 KSchG zu prüfen.

Nach Ansicht des HG Wien verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und ist daher unzulässig: Der durchschnittliche Konsument kann nicht erkennen, in welchen Fällen der Garantiefonds nicht mehr verfügbar sein könnte, weil die mangelnde Verfügbarkeit nur ganz allgemein und ohne erklärende Hinweise als Voraussetzung für den Wegfall der Höchststandsgarantie genannt wird. Der Durchschnittskunde eines fondsgebundenen Versicherungsprodukts ist nicht mit allen Einzelheiten des Finanzmarkts vertraut, sodass er ohne nähere Information nicht beurteilen kann, von welchen Umständen die Verfügbarkeit eines Fonds abhängt. Der Konsument kann daher anhand der inkriminierten Klausel nicht abschätzen, wie wahrscheinlich das Entfallen der Höchststandsgarantie ist. Damit ist es dem Konsumenten im Ergebnis nicht möglich, sich ein zuverlässiges Bild über seine Rechte zu machen und zu erkennen, wie weit diese reichen. Die Klausel vermittelt dem Konsumenten somit nur ein unklares Bild seiner vertraglichen Position und wird dem Vollständigkeitsgebot nicht gerecht, weil für den Konsumenten weitgehend unklar bleibt, in welchem Maße er mit einem Wegfall der Höchststandsgarantie rechnen muss.

Da die Helvetia Versicherungen AG nicht die Garantiegeberin ist, verneinte das HG Wien einen Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG. Da die Helvetia Versicherungen AG weder Garantiegeberin ist noch Einfluss auf die Verfügbarkeit des vom jeweiligen Versicherungsnehmer gewählten Fonds hat, führt die Verwendung der beanstandeten Klausel laut HG Wien nicht zu einer Ungleichgewichtslage der Vertragspositionen, die einer gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB entspricht.

Das HG Wien räumte der Helvetia Versicherungen AG eine Leistungsfrist von drei Monaten nicht nur für die Verpflichtung, die Klausel oder sinngleiche Klauseln in Verträgen nicht mehr zu verwenden, sondern auch für die Verpflichtung, sich in bestehenden Verträgen nicht auf die Klausel oder sinngleiche Klauseln zu berufen, ein.

HG Wien 28.04.2022, 19 Cg 61/21y (rechtskräftig)

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Anmerkung:

In 7 Ob 82/07w (Klausel 13) bejahte der OGH bei folgender Klausel „Die Kapitalgarantie entfällt außerdem, wenn die im Rahmen dieses Produktes vorgesehenen Garantiefonds - aus welchen Gründen auch immer - für die S***** AG nicht mehr verfügbar sind“ einen Verstoß gegen §§ 6 Abs 3, 6 Abs 2 Z 3 KSchG (hier: einseitiger Leistungsänderungsvorbehalt) und § 879 Abs 3 ABGB.

Praxistipp:

Die Unzulässigkeit der gegenständlichen Klausel bewirkt unseres Erachtens, dass der Lebensversicherungsvertrag in seiner Gesamtheit nicht mehr durchführbar ist, weil aufgrund der Nichtigkeit der Klausel auch die Vereinbarung über die Fonds, in die die Prämiensumme zu investieren ist, wegfällt. Nach Ansicht des VKI ist der Vertrag daher nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften rückabzuwickeln. Das bedeutet, dass die Konsument:innen unseres Erachtens Anspruch auf Rückzahlung der einbezahlten Prämien haben.

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