Zum Inhalt

Mit „Bestens-Order“ bei Aktienankauf zur Kontoüberschreitung

Anleger forderten von ihrer Bank einen TAN an, um eine „Bestens-Order“ für den Ankauf von Aktien aufzugeben. Sie erhielten aufgrund eines 20 Minuten alten Aktienkurses die Summe „ca EUR 75.420“ genannt und gaben die Order auf. In der Zwischenzeit stieg der Kurs und es wurden Aktien zu einem Preis von ca EUR 92.140 gekauft, wodurch ihr Konto um ca EUR 18.700 überzogen wurde. Die Klage gegen die Bank wurde vom OGH abgewiesen.

Die Kläger nutzen seit vielen Jahren über ein Verrechnungskonto ohne Überziehungsrahmen das Online-Trading der Beklagten. Sie forderten eine Transaktionsnummer (TAN) an, um mit ihr eine Bestens-Order zum Kauf von 180.000 Aktien eines bestimmten Unternehmens erteilen zu können. Die Anfrage ging um 9:36:57 Uhr bei der Beklagten ein. Um 9:37 Uhr erhielten sie eine automatisch generierte Kurznachricht der Beklagten mit der TAN und dem Vermerk „Gegenwert ca. EUR 75.420“. Die Kläger gingen deshalb von einem Aktienkurs von 0,419 EUR aus. Dieser hatte von 9:18:22 Uhr bis 9:20:48 Uhr tatsächlich bestanden. Zu einem Kurs im Bereich von 0,50 EUR oder darüber hätten die Kläger den Auftrag nicht erteilt. Nach der Eingabe der TAN wurde das Aktienpaket in drei Tranchen um 92.139,70 EUR angekauft (zu Kursen von 0,488 EUR, 0,50 EUR und 0,529 EUR). Durch die Transaktion wurde das Verrechnungskonto um 18.697,17 EUR überzogen.

Die Klage wurde abgewiesen.

Z 66 der AGB der Beklagten lautet:

1.) Das Kreditinstitut darf die Ausführung von Wertpapiergeschäften ganz oder teilweise unterlassen, wenn keine entsprechende Deckung vorhanden ist.

2.) Das Kreditinstitut ist jedoch berechtigt, solche Wertpapiergeschäfte auszuführen, sofern ihm nicht erkennbar ist, dass der Kunde die Durchführung des Auftrags nur bei Deckung wünscht. ...".

Bereits in 4 Ob 179/02f hat der OGH die Klausel nicht als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB angesehen.

Auch der erkennende Senat verneint die von den Klägern geltend gemachte gröbliche Benachteiligung und Intransparenz: Einer Belastung hat ein konkreter Auftrag des Kunden in eben diesem Umfang zugrunde zu liegen. Es handelt sich daher um eine von der Bank geduldete Kontoüberschreitung, die auch gesetzlich vorgesehen ist (vgl § 23 VKrG). Eine gröbliche Benachteiligung des Kunden ist daraus nicht ableitbar. Allein der Umstand, dass die Parteien keinen Überziehungsrahmen vereinbart haben, lässt nicht den Schluss zu, dass der Kontoinhaber die Durchführung von ihm erteilter, nicht gedeckter Aufträge grundsätzlich ablehnt.

Auch eine geltend gemachte Intransparenz wurde verneint.

Ebenso wurde eine Verletzung von Beratungspflichten und Aufklärungspflichten durch die Bank verneint. Die Parteien hatten keine Vereinbarung über die Bekanntgabe von (annähernden) Real-Time-Kursen geschlossen; die Übermittlung ganz aktueller Kurse sei technisch unmöglich. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass ein 15–20 Minuten alter Kurs als „aktuell“ angesehen werden kann, ist nicht zu beanstanden. Dass die Kurse – auch stark – schwanken können ist typischer Inhalt eines solchen Ankaufs und wurde im Übrigen von der Beklagten noch verdeutlicht indem sie nur eine „ca“-Belastung bekanntgab.

Soweit die Kläger eine Pflichtverletzung darin sehen, dass sie von der Beklagten nicht darauf hingewiesen wurden, dass die Durchführung der Order zu einer Kontoüberziehung führt, übergehen sie, dass nach Z 66 Abs 2 der AGB die Beklagte berechtigt ist, Wertpapiergeschäfte auch auszuführen, für die keine Deckung besteht.

Gerade bei Erteilung einer „Bestens-Order“ soll eine rasche Abwicklung gewährleistet werden, ohne dass ein preisliches Limit gesetzt wird. Das führt aber auch dazu, dass der tatsächliche Kaufpreis vor Durchführung der „Bestens-Order“ nicht feststeht. Damit kann aber eine Deckung ebenfalls nicht sicher beurteilt werden. Auch die Irrtumsanfechtung war daher nicht erfolgreich.

Die Kläger haben nicht zu erkennen gegeben, dass eine Durchführung nur bei Deckung gewünscht wird; der Erstkläger hat als ein erfahrener Anleger eine „Bestens-Order“, also eine Order ohne Preislimit, erteilt, die schon mit dem von der Beklagten übermittelten ca-Preis die Deckung am Konto überschritten hätte.

OGH 22.10.2021, 8 Ob 31/21y

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang