Zum Inhalt

OGH zum Einbruchsdiebstahl in der Haushaltsversicherung

Dringt der Täter mit einem heimlich aus der Manteltasche gestohlenen Schlüssel in die Wohnung ein und entwendet dort Wertgegenstände, handelt es sich um einen einfachen Diebstahl und keinen Einbruchdiebstahl.

Dass in Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltene Rechtsbegriffe mitunter stark vom durchschnittlichen Konsumentenverständnis abweichen, zeigt eine aktuelle höchstgerichtliche Entscheidung zur Haushaltsversicherung.

Im gegenständlichen Fall hatte der Täter die Versicherungsnehmerin beim Verlassen des Hauses in ein Gespräch verwickelt und ihr währenddessen unbemerkt den Wohnungsschlüssel aus der Manteltasche gestohlen. Mit dem Schlüssel sperrte er die Wohnungstüre auf und stahl Bargeld, Schmuckstücke und diverse Gold- und Silbermünzen.

Im Sinne der Vorinstanzen entschied nun auch der OGH, dass es sich nach den Bedingungen der Haushaltversicherung (Art 2.3.1 HH1-ABH) bei einem solchen Fall um keinen Einbruchdiebstahl, sondern lediglich einen (niedriger versicherten) einfachen Diebstahl handle:

Ein Eindringen mit richtigen Schlüssel sei nämlich nur dann ein Einbruchdiebstahl, wenn der Täter sich diese Schlüssel durch Einbruch in andere als die versicherten Räume eines Gebäudes oder durch Raub angeeignet hat. Das sei bei einem bloßen Diebstahl der Schlüssel aus der Manteltasche nicht der Fall.

Ebensowenig stelle die Verwendung des richtigen Schlüssels ein - nach den Versicherungsbedingungen als Einbruchdiebstahl zu bewertendes - "heimliches Einschleichen" in eine abgeschlossene Räumlichkeit dar.

Zu den Auslegungsgrundsätzen hielt der OGH in Wiederholung seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass zwar nach objektivem Gesichtspunkt als unklar aufzufassende Allgemeine Versicherungsbedingungen so ausgelegt werden müssen, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen muss. Rechtsbegriffe hätten in der Rechtssprache jedoch eine bestimmte Bedeutung und seien daher in diesem Sinn auszulegen.

OGH 20.03.2019, 7 Ob 177/18g

Das Urteil im Volltext

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Verbandsverfahren geklagt. Es handelt sich um eine Klausel, wonach die Leistung im Falle der Arbeitsunfähigkeit erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (=Karenzzeit). Die Klausel, auf die sich der Versicherer auch im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren vom OLG Wien als unzulässig beurteilt, nachdem zuvor schon das HG Wien dem VKI recht gegeben hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Musterprozess geklagt. Eine Verbraucherin hatte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit für einen Kreditvertrag eine Restschuldversicherung bei der CNP Santander Insurance Europe DAC abgeschlossen. Nachdem sie wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, zahlte der Versicherer nicht alle Kreditraten. Der Versicherer zahlte jedoch kurz nach der Klagseinbringung durch den VKI den gesamten Klagsbetrag. Die Klausel, auf die sich der Versicherer im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren rechtskräftig für unzulässig erklärt.

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat – im Auftrag des Sozialministeriums – eine Verbandsklage gegen die Lyconet Austria GmbH (Lyconet) geführt. Lyconet, ein im Netzwerk-Marketing tätiges Unternehmen, vertrieb unter anderem das „Cashback World Programm“. Dabei handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, die es Mitgliedern ermöglichen sollte, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei Partnerunternehmen Vorteile zu erhalten. Gegenstand der Klage waren 47 Vertragsklauseln, die Bestandteil von Lyconet-Vereinbarungen und sogenannten Lyconet Compensation-Plänen waren. Diese wurden vom VKI unter anderem aufgrund zahlreicher intransparenter Regelungen und damit einhergehender Unklarheiten kritisiert. Nachdem bereits die Unterinstanzen alle beanstandeten 47 Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatten, erkannte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) sämtliche Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang