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OGH zur Bonitätsprüfung bei Kreditvergabe an zwei Kreditnehmer

Nehmen zwei Verbraucher gemeinsam einen Kredit auf, so ist im Rahmen der Bonitätsprüfung zu prüfen, ob sie gemeinsam zur Rückzahlung des Kredits in der Lage sind und nicht, ob jeder einzelne die gesamte Kreditrückzahlung auch alleine tragen kann.

Zwei Konsumenten nahmen einen gemeinsamen Kredit über EUR 70.000,-- auf. Nachdem der Zweitkläger bei der Erstklägerin auszog, machten sie ua einen Verstoß gegen die Bonitätsprüfung nach § 7 Abs 1 VKrG und gegen die Warnpflicht nach § 25c KSchG geltend.

Die Klage wurde abgewiesen.

Bonitätsprüfung nach § 7 Abs 1 VKrG

Nach § 7 Abs 1 VKrG hat der Kreditgeber vor Abschluss des Kreditvertrags die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen zu prüfen.

Nach den Materialien zum Verbraucherkreditgesetz ist „Kreditwürdigkeit“ iSd § 7 Abs 1 VKrG dahin zu verstehen, dass der Verbraucher bei einer ex-ante-Betrachtung voraussichtlich in der Lage sein wird, seine Zahlungspflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, ohne dadurch an den Rand seiner wirtschaftlichen Existenz gedrängt zu werden. Für ihre Prüfung sind die überblickbaren finanziellen Verhältnisse des Verbrauchers ebenso ins Kalkül zu ziehen wie die Höhe des Kreditbetrags sowie Höhe und Frequenz der vom Kreditnehmer zu leistenden Rückzahlungen und dessen bereits bestehende Verbindlichkeiten.

Wenn die Prüfung der Kreditwürdigkeit erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Verbrauchers ergibt, seine Pflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, hat der Kreditgeber den Verbraucher nach § 7 Abs 2 VKrG auf diese Bedenken gegen dessen Kreditwürdigkeit hinzuweisen. Ergibt die Prüfung eine unzureichende Bonität, besteht eine Warnpflicht, aber kein Abschlussverbot.

Wird ein Kredit zwei Verbrauchern eingeräumt, die solidarisch haften sollen, gebietet das Verbraucherschutzinteresse als Schutzzweck des § 7 VKrG die Prüfung der Bonität beider Verbraucher.

Unterschiedlich diskutiert wird in der Literatur, ob zu prüfen ist, ob beide Kreditnehmer den Kredit gemeinsam zurückzahlen können oder ob jeder einzelne die gesamte Kreditrückzahlung auch allein tragen kann.

§ 9 HIKrG steht einem Verständnis des § 7 VKrG dahin, dass jeder einzelne Solidarschuldner allein den Kredit zurückzahlen können müsse, entgegen. Vielmehr kann insoweit § 9 HIKrG, der nur darauf abstellt, ob die Schuldner gemeinsam zur Rückzahlung des Kredits in der Lage sind, insoweit auch zur Konkretisierung des § 7 VKrG herangezogen werden, ist doch nicht zu sehen, warum der Gesetzgeber für – typischerweise höhere Beträge betreffende – Hypothekar- und Immobilienkredite weniger strenge Bonitätsanforderungen stellen sollte. Dies muss umso mehr gelten, als vor Inkrafttreten des HIKrG (und der diesem zugrundeliegenden Hypothekarkredit-RL 2014/17/EU) das VKrG auch auf Immobilienkredite anwendbar war. Aus systematischen Erwägungen ist die nunmehr im HIKrG statuierte Vorgabe für die Bonitätsprüfung, dass mehrere solidarisch haftende Kreditnehmer lediglich gemeinsam zur Rückzahlung in der Lage sein müssen, auch auf das VKrG zu übertragen.

Dieses Ergebnis entspricht auch der Rechtslage insofern besser, als beim Solidarschuldverhältnis nach § 891 ABGB sich die Schuldner verpflichten, die Schuld gemeinsam zu erfüllen. Schon dies legt nahe, dass es auch bei der Prüfung nach § 7 VKrG bloß relevant ist, ob sie sich den Kredit gemeinsam leisten können.

 

Warnpflicht nach § 25c KSchG

Tritt ein Verbraucher einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garant bei (Interzession), so hat ihn der Gläubiger nach § 25c KSchG auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Unterlässt der Unternehmer diese Information, so haftet der Interzedent nur dann, wenn er seine Verpflichtung trotz einer solchen Information übernommen hätte.

Eine Aufklärungsobliegenheit iSd § 25c KSchG besteht dann nicht, wenn der Interzedent selbst die Kreditverhandlungen für den Hauptschuldner eigenverantwortlich führt und über dessen Finanzlage zur Gänze unterrichtet ist. Auch wenn sonst feststeht, dass der Interzedent vollständige Kenntnis über die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners hat, besteht keine Aufklärungsobliegenheit.

Die Kläger können sich hier schon deshalb nicht auf § 25c KSchG berufen, weil beide über die finanzielle Lage des jeweils anderen informiert waren.

OGH 23.6.2021, 6 Ob 80/21i

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