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OGH zur Deckung durch Haushaltsversicherung

Der OGH bejahte die Deckungspflicht einer Haushaltsversicherung für einen Wasserschaden, den ein Unternehmer bei Umbauarbeiten in der vom Versicherungsnehmer gemieteten Wohnung durch Beschädigung eines Heizungsrohrs in der im Erdgeschoss befindlichen Praxis eines Tierarztes verursachte.

Zwischen den Streitteilen besteht ein Versicherungsvertrag der Sparte Haushaltsversicherung, welcher auch eine Privat-Haftpflichtversicherung beinhaltet. Dem Versicherungsvertrag liegen ua die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung in der Fassung 9/2014 (ABH) zugrunde. Der Kläger ist Mieter einer Wohnung. Er beauftragte einen Unternehmer mit der Durchführung von Umbauarbeiten. Ein Mitarbeiter dieser Baufirma beschädigte dabei ein Heizungsrohr. Das in der Folge aus der Heizungsanlage ausgetretene Wasser verursachte einen erheblichen Wasserschaden in der im Erdgeschoss des Hauses von einem Tierarzt betriebenen Praxis. Aufgrund dieses Wasserschadens wurden vom geschädigten Tierarzt Schadenersatzforderungen an den Kläger, gegründet auf § 1318 ABGB, herangetragen. Gemäß § 1318 ABGB haftet der Wohnungsinhaber für jeden Schaden, der dadurch entsteht, dass aus der Wohnung etwas hinausgeworfen oder hinausgegossen wird. Unter diese Gesetzesbestimmung wird auch die Haftung für gefährlich verwahrtes Wasser – in Analogie – subsumiert.

Der Wohnungsmieter ersuchte die beklagte Versicherung um Gewährung der Deckungszusage aus der Privat-Haftpflichtversicherung.

Die Beklagte lehnte die Deckung ab, zu Unrecht wie der OGH befindet:

Gefahr des täglichen Lebens
Artikel 12 ABH lautet: "Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes: 1. Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder gewerbsmäßigen Tätigkeit, insbesondere 1.1. als Wohnungsinhaber (nicht aber als Haus- und/oder Grundbesitzer) und als Arbeitgeber von Hauspersonal; ..."

Der Begriff der "Gefahren des täglichen Lebens" ist nach der allgemeinen Bedeutung der Worte dahin auszulegen, dass der Versicherungsschutz für die Haftpflicht des Versicherungsnehmers jene Gefahren erfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss. Für das Vorliegen einer "Gefahr des täglichen Lebens" ist nicht erforderlich, dass solche Gefahren geradezu täglich auftreten; vielmehr genügt es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch seltener, eintritt.
Die Gefahr der Inanspruchnahme nach § 1318 ABGB stellt ein solches typisches Risiko des Wohnungsinhabers dar, der nach dieser Bestimmung allein haftbar gemacht werden kann. Damit wird der Kläger im vorliegenden Fall wegen eines Schadenereignisses, das nach der allgemeinen Risikobeschreibung der ABH unter das versicherte Risiko fällt, in Anspruch genommen.

Vermögensschaden
Die Beklagte meint weiters, in Ermangelung eines versicherten Sachschadens stünden die vom geschädigten Tierarzt geforderten "reinen" Vermögensschaden nicht unter Versicherungsschutz.

Das Leistungsversprechen des Versicherers in Art 11.2.1.1 ABH bezieht sich nicht auf den Gesamtbereich des Schadensbegriffs des § 1293 ABGB, sondern nur auf die Deckung von Personenschäden und Sachschäden sowie solche Vermögensschäden, die auf einen versicherten Personenschaden oder Sachschaden zurückzuführen sind. Demgegenüber sind sogenannte "reine" Vermögensschäden, das sind Schäden, die weder durch einen versicherten Personenschaden noch durch einen versicherten Sachschaden entstanden sind, nach dieser Klausel nicht mitversichert. Es kommt auf den Ursachenzusammenhang an. Ist der betreffende Vermögensschaden ein Schaden, der mit dem versicherten Personenschaden oder Sachschaden in einem ursächlichen Zusammenhang im Sinn der Lehre der Adhäsionstheorie steht, so ist ein solcher Vermögensschaden als "unechter" Vermögensschaden regelmäßig gedeckt.

Die aus dieser behaupteten Unbrauchbarkeit der Praxisräume gegründeten Forderungen des geschädigten Tierarztes sind Folge eines versicherten Sachschadens.

Kein Vorliegen von Ausschlussgründen
Auch die von der Beklagten behaupteten Ausschlüsse nach Art 17.3, 17.7.1 und 17.7.4 ABH liegen nicht vor:

Der Ausschluss nach Art 17.3 ABH ist schon deshalb nicht gegeben, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Die in Deutschland entwickelte Repräsentantenhaftung kann aus dem VersVG nicht abgeleitet werden. Das Verhalten eines Dritten kann daher nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen.

Der Risikoausschluss des Art 17.7.1 ABH liegt schon deshalb nicht vor, weil gegen den Kläger keine Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an der von ihm gemieteten Wohnung geltend gemacht werden.

Der Risikoausschluss des Art 17.7.4 ABH scheidet aus, weil der Kläger nicht die Deckung von Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an der von ihm "bearbeiteten Wohnung" oder auch dem "beschädigten Heizungsrohr" geltend macht.

OGH 16.9.2020, 7 Ob 126/20k

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