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OLG Graz: Rückabwicklung nach Rücktritt von Lebensversicherung

Nach einem Rücktritt von der Lebensversicherung nach § 165a VersVG hat der Versicherungsnehmer einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen und Kosten samt der gesetzlichen Zinsen.

Eine Versicherungsmehrfachagentur hatte im April 2016 ein Schreiben an einen Kunden versandt, in dem erwähnt wurde, dass die Möglichkeit besteht, die über die Agentur abgeschlossenen Lebensversicherungen wegen diverser Fomalfehler rückabwickeln zu lassen und die einbezahlten Beträge mit einer Verzinsung von 4 % abzurechnen. Es sei egal, ob der Vertrag noch läuft, prämienfrei gestellt ist oder rückgekauft wurde. 

Eine Versicherung hatte daraufhin die Mehrfachagentur geklagt, es u.a. zu unterlassen zu behaupten, dass Formalfehler beim Abschluss von Versicherungsverträgen passiert seien, die eine Rechtsgrundlage für die Rückabwicklung eines Versicherungsvertrages bieten, wenn solche Formalfehler tatsächlich nicht passiert seien. 

Bereits das LG ZRS Graz hatte den Sicherungsantrag der Versicherung auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen. 

Das OLG Graz verweist als Rechtsmittelinstanz auf die grundlegende Entscheidung des OGH 7 Ob 107/15h, wonach eine fehlerhafte Rücktrittsbelehrung zu einem umbefristeten Rücktrittsrecht führt (vgl. auch Entscheidung des EuGH C 209/12w). Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen und der diesbezüglichen juristischen Fachliteratur ist die Aussendung der Mehrfachagentur nicht zu beanstanden. 

Das OLG Graz betont in diesem Zusammenhang auch folgende Punkte: 

  • Die bei der Versicherung abgeschlossenen Versicherungsverträge enthielten tatsächlich eine fehlerhafte Belehrung, da ein Schriftlichkeitserfordernis für den Rücktritt aufgestellt wurde.
  • Es kommt nicht darauf an, ob der Belehrungsmangel geeignet sein musste, den konkreten Versicherungsnehmer von einer rechtzeitigen Ausübung seines Rücktrittsrechtes abzuhalten.
  • Nach einem Rücktritt hat der Versicherungsnehmer einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen und Kosten samt der gesetzlichen Zinsen. 

Es liegt somit in der Aussendung vom April 2016 keine unwahre oder kreditschädigende Äußerung iSd § 7 UWG vor, weshalb der Rekurs der Versicherung abzuweisen war. 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Stand: 23.1.2017). 

OLG Graz 31.8.2016, 5 R 124/16v
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Beklagtenvertreter: Divitschek, Sieder, Sauer, Peter, RA GesbR in Deutschlandsberg

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