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OLG Wien: Schadenersatzbegehren durch Kreditnehmer berechtigt Bank nicht zu Kündigung und Fälligstellung des Kredits

Das OLG Wien hat entschieden, dass die Erhebung von - auch: möglicherweise unberechtigten - Schadenersatzansprüchen durch den Kreditnehmer für die kreditgewährende Bank keinen ausreichenden Grund zur außerordentlichen Kündigung des Kreditvertrags und sofortigen Fälligstellung darstellt.

Im Anlassfall hatte die kreditgewährende Bank (Kl) den regulär am 31.8.2013 fälligen Kontokorrent-Kredit vorzeitig fällig gestellt, weil der Kreditnehmer (Bekl) sie mit Schadenersatzansprüchen wegen Unterlassens der Bearbeitung eines - anderweitigen - Kreditantrags - konfrontiert und die Aufrechnung mit diesen Schadenersatzansprüchen erklärt hatte. Ihre Klage auf sofortige Rückzahlung der gesamten Kreditvaluta infolge außerordentlicher Kündigung des Kredits wurde vom HG Wien in erster Instanz abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung der Bank blieb erfolglos.

Nach Ansicht des OLG Wien liegt kein wichtiger Grund für eine vorzeitige Vertragsauflösung durch die Bank vor:

Gem § 987 ABGB kann jede Vertragspartei den Kreditvertrag - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen für Dauerschuldverhältnisse - jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufkündigen, wenn ihr die Aufrechterhaltung des Vertrags (bis zum nächst möglichen Kündigungstermin) aus wichtigen Gründen unzumutbar ist. Die Kündigung durch den Kreditgeber erfordert dabei nach stRsp eine gravierende Gefährdung seiner legitimen Interessen, die ihm eine Aufrechterhaltung des Vertrags unzumutbar macht. Dabei geht es nach hA primär um - wenn auch nicht verschuldete - Gründe aus der Sphäre des Kreditnehmers, wie die Nichtbestellung versprochener Sicherheiten, Tod des Kreditnehmers oder Verschlechterung der Vermögenssituation. Dabei wird aber ein restriktiver Maßstab angelegt: Die Gründe müssen das Vertrauen der Bank auf ordnungsgemäße Rückzahlung des Kredits erschüttern und eine vermögensrechtliche Gefährdung befürchten lassen (stRsp). Nicht ausreichend ist demgegenüber, dass das Vertrauen in die Person des Vertragspartners ganz allgemein - und ohne konkreten Bezug zum Vertrag - erschüttert ist.

Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen stellt nach Ansicht des OLG Wien jedenfalls kein Verhalten des Kreditnehmers dar, das das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kreditnehmer derart erschüttern könnte, dass die weitere Vertragsbindung für die Bank unzumutbar wäre. Die damit verbundene unangemessene Ausweitung der wichtigen Gründe mit der Konsequenz, dass jeder Kreditnehmer, der einen Anspruch gegenüber der Bank geltend machen will, dies unterlassen müsste, um keine Fälligstellung des Kredits zu riskieren, lässt sich vielmehr sachlich aus Gläubigerschutzerwägungen nicht rechtfertigen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 29.10.2OLG Wien 29.10.2013, 5 R 51/13a
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Klagsvertreter: Mag. Lukas Aigner, Kraft & Winternitz Rechtsanwälte, Wien

Anmerkung:

Das Urteil ist vor allem für die zahlreichen Fälle durch Fehlberatung geschädigter Kreditnehmer von endfälligen Fremdwährungskrediten unter Einsatz eines Tilgungsträgers von Relevanz, die bis dato - bei wachsenden Deckungslücken - vor einer Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber der Bank zurückgeschreckt sind, um keine Aufkündigung des Kredits zu evozieren. Damit ist klargestellt, dass ein derartiges Drohszenario nicht im Raum steht: Die - allenfalls bei drohender Verjährung auch gerichtlich gebotene - Erhebung von Schadenersatzansprüchen gegenüber der Bank kann vielmehr nicht zur vorzeitigen Fälligstellung des Kredits führen. Dasselbe gilt für eine etwaige Aufrechnungserklärung vor Ende der Laufzeit.

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