Der Kläger investierte im Jahr 2007 in Schiffsfonds (Zweiter Reefer-Flottenfonds). Er erwarb über die TVP eine Kommanditbeteiligung. Grund für seinen Investitionsentschluss war der im Vergleich zum Sparbuch prognostizierte Ertrag von 8% pa. Der Kläger sah seine Einlage als unsinkbar an. Tatsächlich erhielt er für am 14.7.2008 für 2007 eine Ausschüttung iHv 7% und am 30.6.2009 für 2008 3%.
Die Klage wurde im Jahr 2013 eingebracht.
Für den Beginn der Verjährungsfrist ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Anleger erkannte, dass - entgegen der Zusage - die gewählte Anlageform nicht risikolos war. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit der gewählten Anlageform eingetretener weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Erstschadens beginnt. Wünschte der Anleger eine risikolose Veranlagung, so tritt der relevante Moment ein, wenn sich herausstellt, dass die erworbenen Papiere tatsächlich risikobehaftet sind, also die gewünschte Eigenschaft nicht erfüllt ist. Erhält der Anleger Kenntnis von Kursverlusten, so muss ihm zugleich auch klar sein, dass er sein Geld anstatt für ein von ihm gewünschtes risikoloses Wertpapier für ein Kursschwankungen unterworfenes Wertpapier ausgegeben hatte.
Dem Kläger musste spätestens im Juni 2009 klar sein, dass die von ihm erworbene Beteiligung die ihm dargelegten und vom ihm als fix angesehenen Ausschüttungen nicht erbringen konnte. Dass es sich hierbei "lediglich" - wie der Kläger meint - um Prognoserechnungen gehandelt habe, vermag daran nichts zu ändern.
Da daher die erforderliche Kenntnis des Klägers vom eingetretenen Primärschaden bereits 2009 vorlag, ist die erst im Juni 2013 eingebrachte Schadenersatzklage verfristet.
OGH 31.8.2015, 6 Ob 90/15a
Volltextservice
Klagsvertreter: Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien
Anmerkung:
Auch wenn es sich hierbei um die erste OGH-Entscheidung zur Frage der Verjährung rund um geschlossene Fonds handelt, muss Folgendes unbedingt beachtet werden:
Dem Urteil lag eine besondere Konstellation zu Grunde, nämlich dass der Anleger glaubte, dass die Ausschüttungen fix seien. Über andere Beratungsfehler wurde hier nicht entschieden! Dadurch unterscheidet sich der Sachverhalt doch deutlich von vielen anderen Sachverhalten rund um die Anlegerprozesse wegen Schiffsfonds.
Häufig wurden nämlich gleich mehrere Beratungsfehler geltend gemacht, wodurch die Verjährungsfrage anders zu beurteilen ist:
So hat etwa das OLG Wien in 1 R 43/15y (nicht rk) die Verjährung beim Ankauf einer Beteiligung am Schiffsfond HCI Shipping Select XV verneint: Das OLG Wien wandte hier die verjährungsrechtliche Trennungsthese an, wonach bei unterschiedlichen Beratungsfehlern jeweils ein gesonderter Verjährungsbeginn anzusetzen ist: Stützt der Anleger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten, liegen mehrere Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind. Vgl auch st Rsp des deutschen BGH: zB V ZR 25/07, XI ZR 171/08, III ZR 203/09, II ZR 16/10. Auch der OGH hat in neueren Entscheidungen in Anlegerschadensfällen dahingehende Ansätze erkennen lassen (zB 4 Ob 102/13y).
Achtung: Es gibt ein neues Urteil, in dem es um mehrere kausale Beratungsfehler geht: Der OGH spricht in 3 Ob 112/15i nun deutlich aus, dass bei mehreren solchen Beratungsfehlern die Verjährung jeweils gesondert zu prüfen ist und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsetzt!
Und dann den Link zu obigem neuen Urteil 3 Ob 112/15i