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Spätrücktritt Lebensversicherung: Abschlusskosten sind nicht abzuziehen

Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte, dass ebenso wie Verwaltungskosten des Versicherers auch Abschlusskosten des Versicherungsvertrags im Falle eines Spätrücktritts vom Lebensversicherungsvertrag nicht von den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüchen der Versicherungsnehmer:innen abzuziehen sind.

Die Klägerin schloss über die Vermittlung eines Maklers mit der beklagten Versicherung einen fondsgebundenen Lebensversicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn 01.07.2007 und einer Laufzeit von 25 Jahren ab. Insgesamt zahlte sie Prämien von
€ 53.138,00, darin enthalten € 103,00 Risikokosten und € 2.043,62 Versicherungssteuer.

Am 30.03.2011 kündigte die Klägerin den Vertrag und erhielt den Rückkaufswert in Höhe von € 34.877,65 ausgezahlt. Am 19.12.2018 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag. Sie wurde bei Abschluss des Vertrags nicht über ihr Rücktrittsrecht aufgeklärt.

Risikokosten, Versicherungssteuer und Rückkaufswert zog die Klägerin bereits selbständig vom Rückerstattungsanspruch ab. 

Es wurde bereits in den Vorinstanzen geklärt, dass der Klägerin ein Rücktrittsrecht nach § 165a Abs 1 VersVG zustand, weil sie nicht über ihr Rücktrittsrecht belehrt wurde. Der OGH hatte sich daher nur noch mit der Frage zu beschäftigen, ob die Abschlusskosten des Vertrags - das vom Versicherer bezahlte Maklerhonorar - vom Rückerstattungsanspruch abzuziehen sind. 

Der OGH bezog sich dabei auf seine Ausführungen zu den Verwaltungskosten des Versicherers und kam zu dem Schluss, dass sich auch Abschlusskosten im Vermögen des Versicherers realisieren und ihnen auf Seite der Versicherungsnehmerin keine zuordenbare Bereicherung gegenübersteht. Abschlusskosten schmälern daher die bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüche der Versicherungsnehmerin nach berechtigtem Spätrücktritt nicht.

OGH 28.04.2022, 7 Ob 208/21w

 

 

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