Stille Beteiligungen an einem Unternehmen sind grundsätzlich ein risikoträchtiges Geschäft; auch im Fall betrügerischer Machenschaften ist der Risikozusammenhang anzunehmen, weil der stille Teilhaber keine Sicherheiten und damit keinen besseren Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen als Haftungsgrundlage hat als andere Gesellschaftsgläubiger auch.
Der Einwand, durch eigene Investition selbst einem Betrug aufgesessen zu sein, ist für die Haftung des Vermittlers irrelevant.
Der Beklagte war selbständiger Vermögensberater und hatte die Vermittlung von stillen Beteiligungen an einem amerikanischen Unternehmen übernommen. Wie auch andere Vermögensberater war der Beklagte von einem Schweizer Staatsbürger damit beauftragt worden, stille Beteiligungen an dieser amerikanischen Gesellschaft zu verkaufen, deren Präsident er sei. Dem Beklagten wurden ein Befähigungszeugnis, eine Reisepasskopie, ein Strafregisterauszug und eine Meldebestätigung des in Vorarlberg wohnhaften Schweizer Staatsbürger vorgelegt. Im angeführten Zeitraum gab es keine Warnhinweise der FMA bezüglich Tätigkeiten der amerikanischen Gesellschaft in Österreich. Von Jänner bis Oktober 2007 gab es rund 530 vermittelte Verträge mit einem Volumen von ca 5 Mio Euro. Der Schweizer stellte das Produkt (stille Beteiligungen an der amerik. Gesellschaft) seinen Vermittlern gegenüber als "relativ sicher" dar, indem er angab, dass zum einen ein Depot mit Grundschuldbriefen zur Verfügung stehe, die auf 70 - 80 % belehnt werden könnten und zum anderen er selbst persönlich hafte, sodass nach einem gewissen Zeitraum eine 100%ige Sicherheit der Einlagen garantiert sei.
Der Beklagte - der Kontakt wurde über die Lebensgefährtin des Klägers hergestellt - trat dem Kläger gegenüber nur als Vermittler für die amerik. Gesellschaft auf und erklärte diesem in zwei Beratungsgesprächen die Beteiligungsmöglichkeiten, wobei in erster Linie die Rendite von ca 8 % jährlich erörtert wurde. Über das Wesen einer stillen Beteiligung wurde nicht gesprochen, doch stellte der Beklagte das Produkt als "relativ sicher und risikolos" dar. Der Beklagte wies im Zuge dieser Gespräche darauf hin, dass er selbst Beteiligungen halte und damit bislang gute Erfahrungen gemacht habe.
Der Konsument unterschrieb nach dem zweiten Gespräch zwei vorbereitete Vertragsformulare über stille Beteiligungen an der Gesellschaft. Im Oktober oder November 2007 wurde der Schweizer wegen des Verdachts des Anlagebetrugs in Untersuchungshaft genommen und in der Folge deshalb (nicht rechtskräftig) verurteilt. Da der Kläger bis 2008 entgegen den Vereinbarungen keine monatlichen Auszahlungen erhalten hatte, erklärte er über Anraten des Beklagten mit Schreiben von diesem Tage die "außerordentliche Kündigung" beider Verträge. Zu einer Auszahlung der veranlagten Gelder kam es bisher nicht.
Der OGH urteilte, dass bei Vorliegen eines Auskunftsvertrages der Anlagevermittler zur Aufklärung seines Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage (hier: stille Beteiligung an einer unbekannten US-amerikanischen Gesellschaft) verpflichtet ist. Bei einem risikoträchtigen Geschäft wie der stillen Beteiligung an einen Unternehmen ist die Darstellung des Produkts als "relativ" sicher bzw. risikolos ohne weitere Aufklärung nicht ausreichend.
Zumindest dann, wenn die Risikoträchtigkeit einer Kapitalanlage auf der Hand liegt, ist der Anlagevermittler verpflichtet, richtig und vollständig über diejenigen tatsächlichen Umstände zu informieren, die für den Anlagenentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Verfügt der Anlagevermittler nicht über objektive Daten bzw entsprechende Informationen, sondern nur über unzureichende Kenntnisse, muss er dies dem Anlageninteressenten offenlegen. Verletzt er diese Verpflichtung, haftet er persönlich aus einem (stillschweigend geschlossenen) Auskunftsvertrag gem § 1300 Satz 1 ABGB, und zwar auch dann, wenn er selbst auf die ihm vom Geschäftsherrn gegebenen Zusicherungen vertraute.
OGH 24.11.2010, 9 Ob 5/10s
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Klagevertreter: Rechtsanwalt Dr. Manfred Luger, Freistadt