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Urteil: EuGH erleichtert Fluggästen die Durchsetzung ihrer Ansprüche

Passagiere eines Fluges innerhalb der EU mit einer Fluglinie mit Sitz in einem anderen EU Mitgliedstaat können ihre Klage auf Ausgleichsleistung im Fall einer Annullierung/Überbuchung wahlweise auch beim Gericht des Abflugortes oder des Ankunftsortes einbringen.

Ausschlaggebend für die Wahl des zuständigen Gerichts sind weder der Ort des Geschäftssitzes der Gesellschaft, die den Flug durchführt, noch der Ort, an dem der Vertrag über die Beförderung im Luftverkehr geschlossen wurde.

Im Anlassfall buchte der Kläger bei Air Baltic (mit Geschäftssitz in Riga, Lettland) einen Flug von München nach Vilnius. Der Flug wurde annulliert. Nach entsprechender Umbuchung durch Air Baltic flog der Kläger über Kopenhagen nach Vilnius. Der Passagier machte beim Amtsgericht Erding, in dessen Zuständigkeitsbereich der Flughafen München liegt, die Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechte-VO in Höhe von € 250,00 geltend.

Der BGH legte die dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob nach Art 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich EuGVVO (VO Nr. 44/201) auch die gerichtliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten über Vertragspflichten aus einem Vertrag über eine Beförderung im internationalen Luftverkehr grundsätzlich an einem Erfüllungsort zu konzentrieren sei.

Der EuGH führte aus, dass im Fall mehrerer, in verschiedenen Mitgliedstaaten gelegener Orte, an denen die Dienstleistungen erbracht werden, der Ort zu bestimmen ist, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem fraglichen Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht, insbesondere der Ort, an dem nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung zu erbringen ist.

Der Ort des Sitzes oder der Hauptniederlassung der betroffenen Fluggesellschaft weist nicht die erforderliche enge Verbindung mit dem Vertrag auf. Die Operationen und Handlungen, die von diesem Ort aus unternommen werden, wie etwa die Bereitstellung eines angemessenen Flugzeugs mit entsprechender Besatzung, stellen nämlich logistische Vorbereitungshandlungen für die Durchführung des Vertrags über die Beförderung im Luftverkehr dar und keine Dienstleistungen, deren Erbringung in Zusammenhang mit dem Inhalt des Vertrags im eigentlichen Sinne stünde. Ebenso verhält es sich mit dem Ort, an dem der Vertrag über die Beförderung im Luftverkehr abgeschlossen wurde, und dem der Aushändigung des Flugscheins.

Bei den Dienstleistungen, die in Erfüllung der Verpflichtungen aus einem Vertrag über die Beförderung von Personen im Luftverkehr erbracht werden, handelt es sich nämlich um die Abfertigung und das Anbordgehen der Fluggäste sowie ihren Empfang an Bord des Flugzeugs an dem im fraglichen Beförderungsvertrag vereinbarten Abflugort, den Start der Maschine zur vorgesehenen Zeit, die Beförderung der Fluggäste und ihres Gepäcks vom Abflugort zum Zielort, die Betreuung der Fluggäste während des Fluges und schließlich das sichere Verlassen des Flugzeugs durch die Fluggäste am Ort der Landung zur im Vertrag vereinbarten Zeit.

Die einzigen Orte, die eine unmittelbare Verbindung zu den genannten Dienstleistungen aufweisen, die in Erfüllung der Verpflichtungen entsprechend dem Gegenstand des Vertrags erbracht werden, sind der Ort des Abflugs und der Ort der Ankunft des Flugzeugs, wobei unter den Begriffen "Ort des Abflugs und Ort der Ankunft" die Orte zu verstehen sind, die in dem fraglichen, mit einer einzigen Fluggesellschaft, dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, geschlossenen Vertrag vereinbart wurden.

Jeder dieser beiden Orte weist eine hinreichende Nähe zum Sachverhalt des Rechtsstreits auf, so dass an beiden Orten die enge Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht.

Folglich kann eine Klage auf Ausgleichszahlung aufgrund der Annullierung eines Fluges nach Wahl des betroffenen Fluggasts bei dem Gericht, in dessen Zuständigkeitsbereich der Abflugort liegt, oder bei dem für den Ankunftsort zuständigen Gericht erhoben werden.

EuGH vom 9. Juli 2009, C 204/08 (Peter Rehder/Air Baltic Corporation)

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