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Urteil: Haftung der Versicherung für "Pseudo-Makler"

43a VersVG - Zurechnung des Vermittlers: "Wirtschaftliches Naheverhältnis" bei Vorschusszahlungen des Versicherers an den Makler.

Während der Versicherer für das Verhalten von Maklern grundsätzlich nicht haftet, hat er für das Fehlverhalten des sog Pseudomaklers schadenersatzrechtlich nach den Grundsätzen der Erfüllungsgehilfenhaftung (§ 1313a ABGB) einzustehen. Er haftet daher für eine Fehlberatung des Pseudomaklers wie für sein eigenes Verschulden. Konsequenz ist die für den geschädigten Versicherungsnehmer günstige Solidarhaftung von Versicherer und Makler.

Voraussetzung dafür, dass der Makler als Pseudomakler gilt, ist gem § 43a VersVG ein wirtschaftliches Naheverhältnis zum Versicherer. Welche Ausgestaltung der Vereinbarung zwischen Vermittler und Versicherer ein derartiges wirtschaftliches Naheverhältnis begründet, ist strittig. Klare Leitlinien hat die Jud bis dato nicht entwickelt.

Im konkreten Fall ging es um Vorschusszahlungen des Versicherers an den Makler, die durch Vermittlung provisionspflichtiger Versicherungsverhältnisse zurückgezahlt werden sollten. Ob diese iSd § 43a VersVG zur Zurechnung an den Versicherer führen, wurde von den Unterinstanzen bejaht und in der Revisionsbeantwortung vom beklagten Versicherer nicht mehr bestritten. Der OGH musste insofern zwar nicht ausdrücklich Stellung beziehen, sondern konnte die Frage offen lassen. Dass Vorschusszahlungen, die durch Vermittlung provisionspflichtiger Produkte zurückgezahlt werden sollen, ein wirtschaftliches Naheverhältnis begründen, dürfte aber schon aufgrund der vom Versicherer geschaffenen Anreizwirkung zum Tätigwerden im Interesse des Versicherers jedenfalls zu bejahen sein.

Von besonderem Interesse ist die Frage nicht nur für den Vertrieb von Versicherungsprodukten, sondern vor dem Hintergrund der aktuellen Judikatur vor allem für den Vertrieb von Kapitalanlageprodukten: Der OGH hat hier jüngst die versicherungsvertragsrechtlichen Zurechnungsregeln (§§ 43 ff VersVG) herangezogen, um die Haftung der (Depot-)Bank für Fehlberatungen externer Vermögensberater zu begründen, wenn aufgrund einer Vertriebsvereinbarung ein wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen Bank und Vermittler besteht (4 Ob 129/12t).

OGH 23.01.2013, 7 Ob 236/12z

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