Zum Inhalt

Urteil: Klauseln und Geschäftspraktik von Gewichtsabnahmeunternehmen

In einem Verbandsverfahren wurden Klauseln und die Geschäftspraktik eines Studios zur Gewichtabnahme beanstandet.

Klauseln im Formblatt "Vereinbarungen":

b) "Außerdem nimmt [der Teilnehmer] zur Kenntnis, dass es sich bei der ORIGINAL E***** THERAPIE nicht um eine medizinische Heilbehandlung, sondern um eine Unterstützung bei der Gewichtsreduktion handelt."

Nach der Rspr können auch Tatsachenbestätigungen in Form von Wissenserklärungen gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG verstoßen, wenn damit eine unzulässige Verschiebung der Beweislast bewirkt wird. Andernfalls sind solche Klauseln aber unbedenklich, wenn entweder den Verbraucher ohnehin die Beweislast für den bestätigten Umstand trifft oder es sich gar nicht um eine Tatsachenerklärung handelt. Ein Verbraucher hat er schon nach allgemeinen Grundsätzen das Vorliegen einer medizinischen Heilbehandlung zu behaupten und zu beweisen, möchte er hieraus Ansprüche ableiten. Der vom Verbraucher mit der Klausel lediglich zur Kenntnis genommene Umstand, dass es sich bei einer Therapie um keine Heilbehandlung handeln soll, bleibt für die Anwendung der dafür maßgebenden Beweislastregeln bedeutungslos. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG scheidet daher aus. Die Klausel ist zulässig.

e1) "Alle Unterlagen und Informationen der ORIGINAL E***** THERAPIE sind ausschließlich nur für den Teilnehmer dieser Vereinbarung bestimmt."

Die Therapieunterlagen werden dem Kunden (entgeltlich) überlassen, sodass sie in sein Eigentum übergehen; diese Unterlagen werden daher vom Kunden "redlich erlangt". Auch redlich erlangte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind grundsätzlich nur gegen unlautere Ausbeutung geschützt, weshalb die Klausel zum Nachteil der Verbraucher vom dispositiven Recht abweicht. Es liegt keine sachliche Rechtfertigung für das allgemeine Weitergabeverbot vor. Die Klausel erfasst bei kundenfeindlichster Auslegung nicht nur die Weitergabe der Therapieunterlagen an Konkurrenten, sondern etwa auch deren unentgeltliche Weitergabe an Familienmitglieder, den Weiterverkauf an Privatpersonen oder die Weitergabe an Rechtsvertreter zur Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen des Kunden erfasst. Die Beklagte hat keine sachlichen Gründe angeführt, warum die darüber hinausgehende Einschränkung der Weitergabe zum Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse erforderlich sein soll. Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend.

UWG: Geschäftspraktik

Der Kläger begehrte, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern den unrichtigen Eindruck zu erwecken, sie biete eine Methode zur Gewichtsreduktion an, bei der man ohne Hungergefühl und ohne auf Kalorien zu achten und sowie ohne Sport sein Gewicht reduzieren und es langfristig halten könne, wenn ihre Methode tatsächlich auf einer Diät beruht, in deren Rahmen im Verlauf von zwölf Stunden fünf kleine Mahlzeiten ausschließlich kalorienarmer Lebensmittel zu fixen Zeitpunkten gegessen werden dürfen, und ein längerfristiger Erhalt der Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost nicht zu erwarten ist.

Keine Diät:

Die Wendung "ohne hungern und ohne Kalorien zu zählen" vermittelt beim Durchschnittsverbraucher den Eindruck, dass der Abnehmwillige kein Hungergefühl haben muss, also zumindest so viel und so oft essen kann, dass er gesättigt ist. Diese Behauptungen entsprechen nicht den Tatsachen. Das Programm der Beklagten basiert im Wesentlichen darauf, dass genaue Zeit-, Mengen- und Gewichtsangaben für eine stark eiweißreiche und kohlenhydratarme Kost vorgegeben werden; zudem wird (bei Stillstand) ein Apfeltag empfohlen. Bei derartigen Vorgaben handelt es sich um solche, die auch für andere Diäten typisch sind. Die beanstandete Werbeaussage, dass die Methode der Beklagten eine Gewichtsreduktion ohne Diät bewirkt, entspricht nicht den Tatsachen und ist daher irreführend.

Längerfristige Gewichtsreduktion bei Umstellung auf Normalkost:

Die Beklagte verbindet mit ihrer Methode somit auch die Nachhaltigkeit der Gewichtsreduktion. Nach den Werbeaussagen ist dafür die Aktivierung des Stoffwechsels verantwortlich. Dies wird auf eine "gesunde, nährstoffreiche und nachhaltige" Ernährung bzw auf geeignete Lebensmittel (ohne versteckten Zucker, ohne versteckte Fette und schwere Kohlenhydrate) bei gleichzeitigem Ersatz der bisherigen Lebensmittel bezogen. Die Beklagte vermittelt mit ihren Werbeaussagen den Eindruck, dass ihre Methode zu einer nachhaltigen Gewichtsreduktion führt; dies bezieht sie auf eine Umstellung auf die empfohlene Ernährung. Den Eindruck, dass ihre Methode eine längerfristige Gewichtsreduktion auch bei Umstellung auf Normalkost bewirkt, verschafft sie hingegen nicht. In diesem Punkt ist das - durch die konditionale Verknüpfung eingeschränkte - Unterlassungsbegehren daher nicht berechtigt.

Werden in einem in das Unterlassungsbegehren aufgenommenen Konditionalsatz zwei "Bedingungen" (Abweichungen von den tatsächlichen Gegebenheiten) genannt und mit einem "und" verknüpft, so müssen auch beide "Bedingungen" erfüllt sein, um das Unterlassungsgebot zu rechtfertigen. Da eine nach dem verschafften Eindruck der zweiten Prüftatsache (keine längerfristige Gewichtsreduktion nach Umstellung auf Normalkost) gegenteilige Werbeaussage nicht vorliegt, wurde das auf § 2 UWG gestützte Unterlassungsbegehren vom Berufungsgericht zu Recht abgewiesen.

OGH 20.12.2018, 4 Ob 184/18i

Das Urteil im Volltext

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Urteil: Irreführende Geschäftspraktik unzulässige Klauseln der Vitalakademie

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die akademie mea vita gmbh (Vitalakademie), die unterschiedliche Ausbildungen etwa im Ernährungs- und Fitnessbereich anbietet, geklagt. Der VKI beanstandete, dass die Vitalakademie bei ihrem Lehrgang "diplomierter Ernährungstrainer" unzureichend über die Kompetenzen eines Ernährungstrainers aufklärte. Das Oberlandesgericht (OLG) Linz bestätigte eine irreführender Geschäftspraktik. Daneben erklärte das Gericht auch alle 29 vom VKI eingeklagten AGB-Klauseln für gesetzwidrig.

Urteil: OLG Linz: 33 Klauseln von Happy-Fit aufgehoben

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Happy-Fit Fitness GmbH und bekam nun auch vor dem Oberlandesgericht Linz (OLG Linz) Recht, das die Entscheidung des Erstgerichts bestätigte. Bei 33 Klauseln wurde das Fitnessstudio zur Unterlassung verpflichtet.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang