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Urteil: OGH verneint Überraschungsmoment bei sofortiger Fälligstellung nach Ratenvereinbarung

Regeln zum Terminsverlust (§ 13 KSchG) sind bei Fälligstellung nach Ratenvereinbarung nicht anwendbar.

Eine  Verbraucherin hatte den Überziehungsrahmen des Girokontovertrages überzogen und daraufhin mit der Bank eine Ratenvereinbarung geschlossen, um den bereits fällig gewordenen Überziehungsbetrag zu begleichen. Hält sie nun die Ratenvereinbarung nicht ein, sind die zum Schutz der VerbraucherInnen bei Terminsverlust in § 13 KSchG aufgestellten Voraussetzungen nicht relevant: Da der/die VerbraucherIn nicht von der Fälligstellung der Gesamtforderung überrascht werden kann, fehle es bereits an einer Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 13 KSchG.
Nach hL ist § 13 KSchG zwar nicht auf Abzahlungsgeschäfte iSd §§ 16 ff KSchG beschränkt, sondern auf alle Verbraucherverträge über wiederkehrende Leistungen anzuwenden. Ratio der Bestimmung des § 13 KSchG ist es zu verhindern, dass ein Verbraucher vom Terminsverlust überrascht wird. Durch die Geltendmachung des Terminsverlusts kommt es daher zur Vorverlegung des Fälligkeitstermins von Teilzahlungen.

Im hier vom OGH zu entscheidenden Fall bestand zwischen den Streitteilen ein Girovertrag. Durch diesen wird - ganz grundsätzlich festgestellt - das Kreditunternehmen verpflichtet, Überweisungen an Dritte durchzuführen und Überweisungen von Dritten für den Kunden entgegenzunehmen. Die Einräumung eines Überziehungsrahmens schafft für den Kontoinhaber die Möglichkeit, innerhalb dieses Rahmens Verfügungen auch dann vorzunehmen, wenn das Konto kein Guthaben aufweist. Insoweit entspricht diese Vereinbarung einem Kontokorrentkreditvertrag. Dieser ist ein vom Darlehensvertrag verschiedener Vertrag, durch den sich der Kreditgeber verpflichtet, dem Kreditnehmer auf dessen Verlangen Zahlungsmittel derart zur Verfügung zu stellen, dass der Kreditnehmer sein Konto belasten darf, ohne dass dieses Deckung aufweist. Solange die Vereinbarung aufrecht besteht und der Überziehungsrahmen nicht überschritten wird, besteht für den Kontoinhaber keinerlei "Verpflichtung" zur vorzeitigen Abdeckung eines solchen Saldos.

Bei Überschreitung des Rahmens hingegen hat die Bank einen sofortigen Anspruch auf Rückführung des Kontos unter den vereinbarten Rahmen. Ein derartiger Vertrag kann soweit er (wie hier) ein Dauerschuldverhältnis begründet, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit gelöst werden.

Die Beklagte war infolge Überschreitung des Überziehungsrahmens von ihrer Bank aufgefordert worden, innerhalb von 14 Tagen eine Einzahlung zu leisten, durch die der Debetsaldo des Kontos wieder innerhalb des Überziehungsrahmens liegen sollte. Mangels rechtzeitigen Zahlungseingangs stellt die Bank die Forderung aus dem "Überziehungskredit" mit sofortiger Wirkung fällig.

Die beiden Parteien schlossen in Folge eine Ratenvereinbarung. Diese Vereinbarung sollte die "bereits eingetretene Fälligkeit der Gesamtforderung nicht aufschieben, sondern lediglich die Geltendmachung der Forderung hinausschieben."

Die Beklagte geriet mit der Ratenzahlung neuerlich in Verzug, woraufhin die Bank die Kontoverbindung mit sofortiger Wirkung auflöste und den gesamten aushaftenden Betrag einforderte. Die Beklagte berief sich im Verfahren ua auf § 13 KSchG: Die Bank sei nicht berechtigt, die gesamte Klagforderung ohne qualifizierte Mahnung iSd § 13 KSchG einzufordern.
Die Vorinstanzen hatten die Anwendbarkeit von
§ 13 KSchG bereits abgelehnt. Nun bestätigt der OGH diese Ansicht: Zwar sei § 13 KSchG nicht nur auf Abzahlungsgeschäfte beschränkt, sondern auch auf Verträge über wiederkehrende Leistungen anwendbar. Bei Beendigung der Überziehungsvereinbarung bei einem Girokontovertrag, welche jederzeit aus wichtigem Grund gelöst werden könne, sei der Kontoinhaber aber zur Abdeckung des Debetsaldos und nicht zur wiederkehrenden Leistungserbringung verpflichtet.

Auch ergebe sich - so der OGH - aus der Ratenvereinbarung keine Anwendbarkeit des § 13 KSchG: ausdrücklich gingen die Parteien in dieser Vereinbarung ja von der Fälligkeit der gegenständlichen Forderung aus. Die Vereinbarung wurde von allen Instanzen so ausgelegt, dass damit die bereits eingetretene Fälligkeit der Klageforderung nicht berührt wurde, sondern der Beklagten lediglich die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, den bereits fälligen Betrag in Raten zu begleichen. Eine Novation verneinte der OGH ebenso, wie die Anwendbarkeit des § 13 KSchG im konkreten Fall. Der objektive Verzug der Beklagten war durch die Vereinbarung der "reinen" Stundung nicht beseitigt worden und die Verbraucherin daher nicht schutzwürdig iSd § 13 KSchG.

OGH am 29.09.2009, 8 Ob 99/09f
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Beklagtenvertreter: Nikolaus Weiser, RA  in Wien

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