Der EuGH hatte sich - nach Vorlage eines französischen Gerichtes - mit der Auslegung einiger Regelungen in der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (RL 2008/48) zu befassen.
Im Ausgangsfall hatte die kreditgebende Bank den Kreditnehmern weder das Formular "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite" noch ein Dokument über ihre Erläuterungspflicht vorgelegt. Der von den Kreditnehmern unterzeichnete Vertrag enthielt folgende Standardklausel:
"Hiermit bestätige ich, das europäische Standardinformationsblatt erhalten und davon Kenntnis genommen zu haben."
Beweislast
Die RL über Verbraucherkreditverträge enthält keine Vorschriften über die Beweislast über die Erteilung der vorvertraglichen Informationen und der Prüfung der Kreditwürdigkeit. Laut EuGH steht die RL einer nationalen Regelung entgegen, nach der die Beweislast für die Erfüllung dieser Verpflichtungen dem Verbraucher obliegt.
Nicht ausreichend ist die Standardklausel, wonach der Verbraucher die korrekte und vollständige Erfüllung der vorvertraglichen Verpflichtungen bestätigt. Dies würde eine Umkehr der Beweislast für die Erfüllung dieser Verpflichtungen nach sich ziehen, die die Effektivität der RL gefährden könnte.
Kreditwürdigkeitsprüfung (Art 8 RL 2008/48)
Nach EG 26 der RL muss der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers in jedem Einzelfall prüfen. Zu diesem Zweck sollte er nicht nur die vom Verbraucher im Rahmen der Vorbereitung des betreffenden Kreditvertrags, sondern auch die während einer schon länger bestehenden Geschäftsbeziehung erteilten Auskünfte heranziehen dürfen. Die RL räumt dem Kreditgeber einen Ermessensspielraum ein, wenn es darum geht, ob die Angaben, über die er verfügt, ausreichend sind, um die Kreditwürdigkeit zu bescheinigen, und ob er diese anhand anderer Kriterien überprüfen muss.
Die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers kann auf Grundlage der von diesem erteilten Auskünfte durchgeführt werden, wenn diese Auskünfte ausreichen und einfachen Angaben des Verbrauchers Belege beigefügt sind. Die RL verpflichtet die Kreditgeber aber nicht dazu, die Richtigkeit der vom Verbraucher erteilten Auskünfte systematisch zu überprüfen.
Erläuterungspflicht (Art 5 Abs 6 RL 2008/48)
Sowohl die Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit als auch die besondere Erläuterungspflicht haben vorvertraglichen Charakter. Es besteht aber grundsätzlich kein Zusammenhang zwischen den beiden Verpflichtungen.
Die Pflicht zur Erteilung von angemessenen Erläuterungen soll dem Verbraucher ermöglichen, sich in voller Sachkenntnis für eine bestimmte Art von Kreditvertrag zu entscheiden. Dieser Pflicht kann der Kreditgeber auch vor Bewertung der finanziellen Situation und der Bedürfnisse des Verbrauchers nachkommen. Es kann sich aber herausstellen, dass die Bewertung der Kreditwürdigkeit eine Anpassung der erteilten angemessenen Erläuterungen erfordert, die dem Verbraucher rechtzeitig, vor Unterzeichnung des Kreditvertrags, mitzuteilen sind.
Diese spezielle Erläuterungspflicht kann nicht erst im Stadium des Abschlusses des Kreditvertrags erfüllt werden. Dies muss vielmehr rechtzeitig geschehen, dh vor Unterzeichnung dieses Vertrages.
Die RL sieht aber keine Form für diese Erläutungen vor; sie kann auch im Zuge eines Gesprächs mündlich erfolgen.
EuGH 18.12.2014, C-449/13 (CA Consumer Finance)