Zum Inhalt

Verjährung und Rechtsfolgen beim Spätrücktritt von Lebensversicherungen

OGH bestätigt: Das Rücktrittsrecht verjährt nicht bereits nach 3 Jahren und eine Beschränkung der Rückabwicklung auf den Rückkaufswert ist auch beim Spätrücktritt ausgeschlossen.

Ein Verbraucher schloss am 1. August 2008 eine fondgebundene Lebensversicherung ab. Im Zuge des Vertragsabschlusses erhielt der Konsument einen Hinweis auf sein Rücktrittsrecht gemäß § 3 KSchG. Über sein Rücktrittsrecht gemäß § 165a VersVG wurde der Verbraucher nicht aufgeklärt. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2017 erklärte der Konsument seinen Rücktritt vom Vertrag und forderte seine geleisteten Prämien abzüglich Risikokosten einschließlich kapitalisierter Zinsen in Höhe von 4 % ab Einzahlung der jeweiligen Prämie. Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der eingezahlten Prämien statt und wies das Mehrbegehren ab. Diese Entscheidung wurde nun vom OGH bestätigt. Dabei befasste sich der OGH mit zwei Fragen:

1. Verjährung des Rücktrittsrechts

Die Beklagte befasste den OGH mit der Frage, ob dem "ewigen" Rücktrittsrecht gemäß § 165a VersVG (aF) verjährungsrechtliche Bestimmungen (etwa § 1487 ABGB analog) entgegenstehen könnten?

Dies lehnte der OGH mit Verweis auf die vom Europäischen Gerichtshof getroffene Entscheidung zu C-479/18 und der folgender Begründung ab: Beginnt die Rücktrittsfrist sogar dann nicht zu laufen, wenn der Versicherungsnehmer auf anderem Wege von seinem Rücktrittsrecht Kenntnis erlangt hat, dann verbietet sich die - von der Beklagten gewünschte - Annahme, dass ein begründetes Recht zum Spätrücktritt infolge unterbliebener Rechtsbelehrung nur binnen drei Jahren nach Vertragsabschluss ausgeübt werden könne.

2. Rechtsfolgen beim Spätrücktritt

Weiters befand die Beklagte, dass dem Verbraucher beim Spätrücktritt lediglich der Rückkaufswert zustehen würde und nicht die vom Konsumenten einbezahlten Prämien inkl. kapitalisierter Zinsen in Höhe von 4% ab Einzahlung der jeweiligen Prämie.

Auch dies lehnte der OGH mit Verweis auf die vom Europäischen Gerichtshof getroffene Entscheidung zu C-479/18 ab und bezeichnete die Beschränkung der Rückabwicklung auf den bloßen Rückkaufswert als ausgeschlossen.

Der Kläger erhielt folglich die von ihm einbezahlten Prämien zurück.

OGH 19.02.2020, 7 Ob 19/20z

Anmerkung:
Mangels weiterführender Einwände zu den Rechtsfolgen beim Spätrücktritt in der Revision der Beklagten befasste sich der OGH lediglich damit, ob die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung durch die Auszahlung des Rückkaufswerts zulässig sei. Dies lehnte der OGH ab. Sonstige Einwände gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung wurden in der Revision nicht geltend gemacht.


Das Urteil im Volltext

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang