Die antragstellenden Parteien wenden sich ausdrücklich nicht gegen das durch § 2 Abs. 1 und 6 2. COVID-19-JuBG bewirkte Kreditmoratorium an sich, sondern ausschließlich dagegen, dass sie – mangels einer anderslautenden Vereinbarung mit dem Kreditnehmer gemäß § 2 Abs. 5 2. COVID-19-JuBG – ihr Kapital während des Kreditmoratoriums unentgeltlich zur Verfügung stellen müssen. Nach Auffassung des VfGH verstößt die angefochtene Regelung in der ihr vom OGH beigemessenen Auslegung nicht gegen das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art 5 StGG und Art 1 1. ZPEMRK.
Die angefochtene Regelung greift insofern in die Privatautonomie der Vertragsparteien ein, als die Fälligkeit der Leistungen aus dem Kreditvertrag – mangels einer anderslautenden Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 5 2. COVID-19-JuBG – für die Dauer von zehn Monaten gesetzlich hinausgeschoben wird. Die angefochtene Regelung bildet bereits auf Grund dieser Verschiebung der Fälligkeit von Zahlungsverpflichtungen in laufenden Verträgen einen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 StGG bzw. Art. 1 1. ZPEMRK.
Die angefochtene Bestimmung in ihrer Auslegung durch den OGH stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentumes dar.
Vorweg ist festzuhalten, dass das – von den antragstellenden Parteien ausdrücklich nicht angegriffene – Kreditmoratorium und die dadurch bewirkte Verlängerung der Kreditverträge für sich genommen grundsätzlich einen erheblichen Eingriff in die Privatautonomie der Kreditinstitute und damit auch in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums darstellen.
Der VfGH hegt keinen Zweifel daran, dass die angefochtene Bestimmung dem öffentlichen Interesse des Schutzes der von der Pandemie betroffenen Verbraucher:innen und Kleinstunternehmen dient. Die angefochtene Bestimmung soll diese Gruppen vor negativen Konsequenzen bewahren, die dadurch entstehen können, dass auf Grund der COVID-19-Pandemie und der dadurch vielfach verursachten Einkommensverluste laufende Kreditraten (samt Zinsverbindlichkeiten) nicht beglichen werden können. Die angefochtene Bestimmung ist auch geeignet, dieses Ziel zu erreichen, weil den Kreditnehmer:innen dadurch Zeit verschafft wird, das für die Rückzahlung erforderliche Kapital bereitzustellen.
Nach Auffassung des VfGH bestehen im konkreten Fall solche Rechtfertigungsgründe von entsprechendem Gewicht:
Der Gesetzgeber wollte das Kreditmoratorium nur auf solche Sachverhalte angewendet wissen wollte, in denen sich die betroffenen Kreditnehmer:innen in einer derart unzumutbaren Lage befanden, dass sie voraussichtlich (ohnehin) die Kreditzahlungsverpflichtungen (zumindest vorübergehend) nicht erfüllen hätte können. Wenn nun der Gesetzgeber für eben diesen besonderen Sachverhalt ein (zinsloses) Kreditmoratorium statuiert, greift er zwar nachträglich in die vertraglichen Regelungen zwischen dem Kreditinstitut und den Kreditnehmer:innen ein; es kann aber nicht ohne weiteres von einem gravierenden Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums der Kreditinstitute gesprochen werden.
Darüber hinaus ist zu bedenken, dass es auch ohne das gesetzlich festgelegte Kreditmoratorium fraglich gewesen wäre, ob die von § 2 Abs. 1 2. COVID-19-JuBG erfassten Kreditnehmer:innen überhaupt in der Lage gewesen wären, ihre Verpflichtungen aus den Kreditverträgen mit den antragstellenden Parteien zu erfüllen. Auch dies ist bei der Beurteilung der Erheblichkeit des Eingriffes in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums der antragstellenden Parteien (mit) zu berücksichtigen.
Ungeachtet dieser Gesichtspunkte, welche die Erheblichkeit des Eigentumseingriffes relativieren (können), erscheint es nach Auffassung des VfGH schon alleine aus einem anderen Grund als gerechtfertigt, dass die Kreditinstitute die Kosten für das zinslose Kreditmoratorium tragen. In einer Gesamtbetrachtung standen den Nachteilen aus dem zinslosen Kreditmoratorium nämlich bestimmte Maßnahmen gegenüber, die eine Abfederung der in Rede stehenden wirtschaftlichen Auswirkungen bewirkten: Vor allem die EZB hat zahlreiche wesentliche geldpolitische, aber auch (zum Teil gemeinsam mit der EBA) einige bankaufsichtsrechtliche Maßnahmen gesetzt, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für die Kreditinstitute und die Realwirtschaft abzufedern, wobei von letztem auch wiederum die Kreditinstitute (mittelbar) begünstigt wurden.
Der von den antragstellenden Parteien in ihrem Antrag behauptete Verstoß der angefochtenen Regelung gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG und Art. 1 1. ZPEMRK liegt sohin nicht vor.
Die Ausführungen zur Übereinstimmung der angefochtenen Regelung mit dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gelten sinngemäß auch für die von den antragstellenden Parteien vorgetragenen gleichheitsrechtlichen Bedenken. Die angefochtene Bestimmung verstößt aus den dargestellten Gründen auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art 7 B-VG.
Soweit die antragstellenden Parteien einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darin erblicken, dass der Gesetzgeber Kreditgeber und Wohnungsvermieter unterschiedlich behandelt habe, ist dem zu entgegnen, dass es sich dabei um unterschiedliche Sachverhalte handelt, die nicht am Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden können.