Zum Inhalt

VfGH: Drittanbieter von Bankomaten können wieder Entgelt vom Kunden für Abhebung verlangen

Das Verbraucherzahlungskontogesetz (VZKG) sah seit 13.1.2018 zweierlei vor:

1)    Eine Vereinbarung, nach welcher der Verbraucher ein Entgelt für einzelne Bargeldabhebungen von seinem Zahlungskonto an Geldautomaten mit einer vom kontoführenden Zahlungsdienstleister zum Zahlungskonto ausgegebenen Zahlungskarte zu zahlen hat, ist unwirksam, es sei denn der Zahlungsdienstleister beweist, dass die Vertragsbestimmung mit dem Verbraucher im Einzelnen ausgehandelt worden ist. (§ 4 Abs 2 VZKG).

2)    Der Zahlungsdienstleister hat den Verbraucher von der Zahlung von Entgelten zu befreien, die ein Dienstleister gemäß § 2 Abs. 3 Z 15 ZaDiG vom Verbraucher für Bargeldabhebungen mit der zum Zahlungskonto des Verbrauchers ausgegebenen Zahlungskarte beansprucht. (§ 4a VZKG).

Der Verfassungsgerichtshof hat nun die Regelung des § 4a VZKG aufgehoben (mit Wirkung am Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt; [Anm: mit Stand 12.10.2018, 12h war das noch nicht der Fall]). Diese Regelung verletze das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums der Geldinstitute, so der VfGH.

Hingegen stufte der VfGH § 4 VZKG als verfassungskonform ein. "Es ist nicht unverhältnismäßig, wenn kontoführenden Zahlungsdienstleistern die Pflicht auferlegt wird, Verbrauchern tatsächlich mehrere Zahlungskontotarifmodelle anzubieten, um das Erfordernis des ‚im Einzelnen Aushandelns‘ nach der Judikatur zu erfüllen.", so der VfGH.

Der VfGH führt dazu aus, dass für von den Banken unabhängige Drittanbieter von Geldausgabeautomaten ein Anreiz geschaffen wird, um Geldausgabeautomaten auch in strukturschwachen Gebieten zu betreiben, in denen wegen der geringeren Anzahl der Transaktionen nicht mit einem kostendeckenden Betrieb zu rechnen ist.


VfGH 9.10.2018, G 9/2018, G 10/2018



Was heißt das nun für Verbraucher?

Die Bank kann weiterhin
mit ihren Kunden eine Behebungsgebühren vereinbaren, vorausgesetzt dieses Entgelt "im Einzelnen ausgehandelt" wurde.

Verbraucher müssen nun wieder besonders aufpassen, bei welchem Bankomat sie abheben.  Der Anbieter Euronet hat in der Vergangenheit EUR 1,95 pro Abhebung verrechnet.

Verrechnet der einzelne Bankomatbetreiber für die Einzelabhebung etwas, so muss der Verbraucher vorab ausreichend und transparent darauf hingewiesen werden.

Laut VfGH soll ein Anreiz für Drittanbieter geschaffen werden, auch in strukturschwachen Gebieten Geldausgabeautomaten zu betreiben.
Dies führt nun leider zu einem Zweiklassensystem für Verbraucher: Während das Bankomatsystem in Ballungszentren meist so dicht ist, dass man relativ leicht zu einem anderen Bankomat ausweichen kann, sind Bewohner von strukturschwachen Gebieten nun mitunter auf kostenpflichtige Bankomaten angewiesen.

Durch die generelle Möglichkeit, dass die Kosten für die Geldabhebung vom Kunden zu tragen sind, werden Verbraucher abgeschreckt, Bargeld abzuheben und vermehrt zum bargeldlosen Zahlen bewogen. Das wollen aber viele Verbraucher nicht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es mittlerweile auch weitere Bargeldbehebungsmöglichkeiten gibt, zB Bargeld2go bei gewissen Supermärkten.

Verbraucher, die derartige Gebühren von Drittanbietern im Zeitraum der Geltung des Gesetzes (13.1.2018 bis Veröffentlichung des VfGH-Erkenntnisses im Bundesgesetzblatt) bezahlt haben, können unseres Erachtens diese für diesen Zeitraum von ihrer Bank auch noch zurückfordern, da das Gesetz in diesem Zeitraum galt.

Zur Presseinformation des VfGH. Hier finden Sie die Vollversion.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang