Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat nun auch rund um Falschberatungen von AWD Beratern im Zusammenhang mit dem Verkauf von Kommanditbeteiligungen an Boden-Invest einen Musterprozess gegen den AWD anhängig gemacht. Schon in den Neunzehnneunziger-Jahren haben AWD Berater mit dem Argument der "Sicherheit von Immobilien" Bausparer zu riskanten Beteiligungen überredet und Schaden zugefügt. Nachdem bislang seitens des AWD in solchen Fällen - im Sinn einer "Rahmenvereinbarung" mit dem Konsumentenschutzministerium und dem VKI aus dem Jahr 2005 - der Kapitalverlust der Anleger zum größten Teil abgedeckt wurde, schaltet der AWD auch in diesen Fällen nunmehr auf stur. Daher werden auch hier die Gerichte entscheiden müssen.
Seit 1993 wurden - insbesondere auch über den AWD - Kommanditbeteiligungen an der "Boden-Invest Beteiligungsgesellschaft mbH & CO" vor allem auch an konservative Sparbuchsparer vermittelt. Bessere Zinsen (6-8 Prozent) aber gleiche Sicherheit wie bei einem Bausparvertrag war das oft gehörte Verkaufsargument. Man war 10 - 12 Jahre gebunden und sollte danach das Kapital mit bester Rendite ausbezahlt bekommen. Vielfach wurde die Kommanditbeteiligung auch in Raten angespart. In einer Informationsbroschüre war zu lesen:"Ihr Geld auf sicherem Terrain und ebenso sicher wird es sich vermehren". Die Sicherheit von "Immobilien" wurde betont, die Risken einer solchen Unternehmensbeteiligung vernachlässigt.
Als diese Verträge ab 2003 abgeschichtet wurden, gab es für die Konsumenten das böse Erwachen. Das Kapital war nicht mehr, sondern - bis zu 25% - weniger geworden. Der AWD verwies auf "riskante Veranlagungen" des Produktherstellers und versuchte sich aus der Verantwortung zu verabschieden. Der VKI machte eine Sammelaktion und konnte Anfang 2005 für hunderte Kleinanleger mit dem AWD eine "Rahmenvereinbarung" aushandeln - der AWD war zum Schadenersatz bereit. Bis vor wenigen Monaten konnten auch Nachzügler - über Vermittlung des VKI - mit dem AWD durchaus noch Vereinbarungen erzielen. Nun schaltet der AWD plötzlich auch in diesen Fällen auf stur und lehnt - bei der Produktvariante "Victor" - Schadenersatz ab.
"Die Beschwerden über AWD Beratungen aus den Neunzehnneunziger-Jahren erinnern uns nur zu gut, an die Schilderungen jener 7000 Immofinanz-Geschädigten aus den letzten Jahren. Doch wenn der AWD bei Boden-Invest noch zu seiner Verantwortung als Finanzberater gestanden war, so hat man sich nun - mit dem neuen Eigentümer SWISS LIFE - offenbar davon verabschiedet. In Sachen Immofinanz laufen für 2500 Geschädigte Sammelklagen des VKI mit Unterstützung der FORIS AG gegen den AWD. Es geht um rund 40 Mio Euro Streitwert. Doch auch bei den nun abgeschichteten Fällen aus der Ära Boden-Invest will der AWD von Verantwortung nichts mehr wissen. "Wir haben daher auch zu diesen Fällen nunmehr einen Musterprozess eingeklagt," sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.
Im konkreten Fall wollte die Anlegerin für ihre Kinder ansparen und ihr wurde im Jahr 1997 ein Ansparvertrag für Boden-Invest "Victor" mit 12 Jahren Laufzeit von der AWD Beraterin empfohlen. Eine Einlage von 144.000 ATS sollte in Raten von ATS 1.000 angespart werden. Am Ende der Laufzeit, im Herbst 2009, bekam die Sparerin aber nur 83,21% ihrer Einlagen ausbezahlt. Ein totaler Flopp für eine vermeintlich "sichere und ertragreiche" Sparform. Der AWD - aufgefordert zum Schadenersatz - verwies auf sein - von der Anlegerin ungelesen - unterzeichnetes Gesprächsprotokoll und argumentierte, dass die Sparerin ein höheres Risiko selbst gewollt habe. "Diese Verteidigungslinie kennen wir inzwischen zur Genüge," sagt Dr. Kolba. "Wir haben nun den AWD auch in diesem Fall auf Schadenersatz geklagt".
"Es ist höchst unerfreulich mit ansehen zu müssen, dass der Slogan "AWD-Neu" offenbar bedeutet, dass man sich aus der Verantwortung für Fehler in der Vergangenheit stehlen will - auch in Fällen, in denen der "AWD-alt" noch zur Verantwortung bereit gewesen war," resümiert Dr. Kolba.