Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat für rund 2500 Geschädigte mit einem Streitwert von rund 40 Mio Euro fünf Sammelklagen gegen den AWD eingebracht. Der Vorwurf: systematische Fehlberatung von konservativen Sparbuchsparern, denen Immofinanz- und Immoeastaktien als "so sicher wie ein Sparbuch" angedient worden waren. Mangels Vergleichsbereitschaft des AWD steht am 7.7.2010, 13.00 - 15.00, Saal 708 die nächste Verhandlung am Handelsgericht Wien (1030 Wien, Marxergasse 1a) an.
Am 30. Juni 2009 hat der VKI mit Unterstützung der FORIS AG die erste von fünf Sammelklagen gegen den AWD beim Handelsgericht Wien eingebracht. Der AWD hat insbesondere die Zulässigkeit der Sammelklage als Klagsform bekämpft. Das Kalkül dahinter: Ohne Sammelklage wäre die Klagskosten in den Einzelfällen so hoch, dass sich der Prozessfinanzierer FORIS aus der Aktion zurückziehen werde. Dann käme der AWD darum herum, Millionen als Schadenersatz rückstellen und - im Fall verlorener Prozesse - auch zahlen zu müssen.
Das Handelsgericht Wien (HG Wien) hat jedoch im November 2009 die Zulässigkeit der ersten Sammelklage bestätigt. Ein Rekurs des AWD dagegen wurde vom Oberlandesgericht Wien zurückgewiesen. Der Beschluss ist rechtskräftig. Im Herbst 2010 wird in der Sammelklage I begonnen werden, die VKI-Vorwürfe konkret zu prüfen.
Der VKI hat dann Ende September 2009 und Ende Jänner 2010 weitere vier Sammelklagen gegen den AWD eingebracht. In all diesen Fällen versucht der AWD erneut, insbesondere die Form der Klage zu bekämpfen. In allen vier Fällen sind nun weitere Richter des HG Wien aufgerufen, neuerlich zur Zulässigkeit der gebündelten Geltendmachung zahlreicher gleichgelagerter Ansprüche von Verbrauchern zu verhandeln und zu entscheiden.
Der nächste Termin findet in der Sammelklage III am 7.7.2010 um 13.00 Uhr im Saal 708 am HG Wien statt. Hier hat Rechtsanwalt Dr. Alexander Klauser namens des VKI für rund 1300 TeilnehmerInnen an der Sammelklage des VKI einen Klagsbetrag von rund 21 Mio Euro geltend gemacht.
"Der AWD betont, dass wir hier für 1300 Geschädigte einschreiten und erhofft sich, dass die große Zahl das Gericht abschrecken möge, die Sammelklage zuzulassen," sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Wir sehen aber in den sachlichen Argumenten des Richters der ersten Sammelklage für die Zulässigkeit der Sammelklage keinen Unterschied, ob man für rund 120 Geschädigte (Sammelklage I) oder für mehr als das Zehnfache an Geschädigten (Sammelklage III) Ansprüche geltend macht". Auch das Landesgericht Salzburg hatte sich seinerzeit - bei Schadenersatzansprüchen im Zuge des WEB-Skandals - nicht von tausenden Anspruchstellern abschrecken lassen und hatte für alle gemeinsam Prozess geführt.
Die Prozessökonomie der gebündelten Klagsführung liegt in allen Fällen auf der Hand: Die gemeinsamen Zeugen werden nur einmal und nicht tausende Male vernommen. Die beantragten Sachverständigengutachten zur Erkennbarkeit der Risikoneigung der Immo-Aktien werden einmal und nicht tausende Male erstellt und es werden differierende Urteile bei gleichem Sachverhalt vermieden. Wollte man tausende Einzelprozesse führen, dann wären alle Richter des Handelsgerichtes Wien und des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien über Jahre mit unzähligen Fällen blockiert.
Der allfälligen Hoffnung des AWD, dass im Fall einer Zersplitterung der Sammelklage III die FORIS AG abspringen könnte, erteilt FORIS-Vorstand Prof. Tödtmann eine klare Absage: "Wir haben mit der Übernahme der Prozesskostenrisken für diese Sammelklagen "A" gesagt und werden uns von formalen Zulässigkeitsfragen nicht hindern lassen auch "B" zu sagen und die Verantwortung des AWD gerichtlich klären zu lassen. Wir gehen bei diesen Verfahren von einer hohen Wahrscheinlichkeit des Erfolges aus."
Diese Einschätzung ist nach den bisherigen Erfahrungen begründet. Fakt ist jedenfalls, dass der AWD bei mehreren vom VKI parallel zu den Sammelklagen als Musterprozesse geführten Einzelverfahren Vergleiche abgeschlossen hat, aufgrund derer der AWD den Anlegern jeweils nennenswerte Schadenersatzzahlungen leistete. Die Strategie des AWD, derartige Vergleichsabschlüsse nach Möglichkeit geheim zu halten, ging bisher nicht auf.
"Wir streben seit Beginn entweder einen sinnvollen Vergleich oder aber eine prozessökonomische gerichtliche Klärung an. Ich gehe davon aus, dass alle Sammelklagen zugelassen werden und wir im Herbst 2010 endlich die Verantwortung des AWD für die systematischen Fehlberatungen gerichtlich klären lassen können", gibt sich Dr. Peter Kolba optimistisch.