Zum Inhalt

VKI startet Sammelklagen-Aktion in Sachen Geschlossene Fonds

Manche Banken gesprächsbereit, andere nicht; VKI bietet Geschädigten Teilnahme an Sammelklagen gegen sture Banken an.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) startet, im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums (BMASK), und in Zusammenarbeit mit dem deutschen Prozessfinanzierer FORIS AG sowie dem Wiener Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schumacher in Sachen Fehlberatungen bei geschlossenen Schiffs- und Immobilienfonds eine Sammelklagen-Aktion gegen einige österreichische Banken.

Mit anderen Banken finden parallel dazu sehr konstruktive Gespräche zu einer außergerichtlichen Lösung statt. Mit der ERSTE Bank wurde - wie gestern berichtet - bereits ein Vergleich erzielt.

In den Jahren ab 2002 haben insbesondere österreichische Banken ihren langjährigen Kunden Unternehmensbeteiligungen an Schiffen und Immobilien unter der Bezeichnung -Geschlossene Fonds- vermittelt; als sicher und ertragreich - oft als Pensionsvorsorge.

Diese Beteiligungen wurden von deutschen Initiatoren - wie MPC, HCI, Dr. Peters und anderen - für den österreichischen Markt konzipiert und von Banken gegen Provision an die Kunden vermittelt. Heute stehen so manche Fonds unter Wasser und fordern die Anleger auf, in der Vergangenheit erhaltene Ausschüttungen zur Abwendung einer Insolvenz zurückzuzahlen. Es wird mit Inkassobüros, Klagen und Zwangsvollstreckung gedroht.

Erst durch diese Überraschung erkennen viele Anleger, was ihnen da vermittelt worden war und sehen sich von den Banken in wesentlichen Punkten falsch informiert bzw. in Irrtum geführt:

- Es wurden jährliche Ausschüttungen von 7 Prozent und mehr zugesagt. Es wurde verschwiegen, dass diese Ausschüttungen nicht aus den Gewinnen, sondern aus dem eingebrachten Kapital finanziert wurden und daher von der Gesellschaft auch rückforderbar sind.

- Es wurden Laufzeiten von 10 oder mehr Jahren zugesagt - in Wahrheit kann man nach dieser Frist erstmals kündigen und die endgültige Auszahlung von Kapital zieht sich über Monate bis Jahre hin.

- Die Modellrechnungen der Fonds zeigen - so sagen Sachverständige - dass der prognostizierte -Erfolg- nur bei optimalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wenn überhaupt) zu erzielen war; Rahmenbedingungen, die man aber realistischer Weise so nicht hätte annehmen dürfen. Die Banken haben diese Rechnungen entweder nicht geprüft oder wissentlich diese Gefahren den Kunden verschwiegen.

- Die Modellrechnungen enthalten - für Sachverständige unerklärbar - extrem hohe Weichkosten; das sind Ausgabenpositionen für Vermarktung, Fremdfinanzierung, Verwaltung und ähnliches. Wer hätte diese Fonds gezeichnet, wenn man ihm klar dargelegt hätte, dass bis zu 21 Prozent des Kapitals für solche Kosten verpuffen-

- Es ist davon auszugehen, dass die Banken neben hohen Agios (5 Prozent) beim Kauf im Innenverhältnis auch hohe Provisionen empfangen haben, über die sie nicht aufgeklärt haben.

- Sachverständige sehen in diesen Produkten ein besonders hohes Risiko - höher als etwa bei Einzelaktien, Aktien- oder (offenen) Immobilienfonds.

Darauf und auf die Besonderheiten einer solchen Unternehmensbeteiligung wurden die Kunden nicht hingewiesen.

Der VKI hat im Herbst 2013 - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - den Banken, die seinerzeit geschlossene Immobilien- und Schiffsfonds vermittelt haben, im Interesse der geschädigten Kunden Gespräche über eine außergerichtliche Regulierung von Schadenersatzansprüchen angeboten.

Während mit einer Reihe von Instituten konstruktive Gespräche im Gang sind (mit der ERSTE BANK wurde bereits ein Vergleich erzielt), haben andere Banken - wie etwa nahezu alle Raiffeisen-Regional-Banken in Niederösterreich, verschiedene Volksbanken und auch einzelne Hypo- und Privatbanken - Gespräche über generelle Lösungen bei Abgabe eines Verjährungsverzichtes verweigert.

Der VKI startet daher nunmehr die Aktion Klagen gegen Banken wegen systematischer Fehler bei der Vermittlung Geschlossener Fonds und bietet den rund 300 Kunden der Banken, die keine Gespräche über eine generelle Lösung führen wollen, an, Ihre Ansprüche dem VKI zum Inkasso abzutreten. Der VKI rechnet mit Abtretungen in Millionenhöhe.

Der VKI wird - nach nochmaligem Versuch von Verhandlungen - mit Sammelklagen eine gerichtliche Klärung der Fälle betreiben.

Das Prozesskostenrisiko übernimmt dabei - gegen Einräumung von Erfolgsquoten - der deutsche Prozessfinanzierer FORIS AG. Der VKI wird in den Verfahren von Rechtsanwalt Dr. Schumacher vertreten. Die Teilnehmer tragen nur die Kosten der Sachverhaltsaufnahme durch Dr. Schumacher und einen Anteil der Organisationskosten des VKI. Den Hauptteil der Organisationskosten trägt das BMASK.

"Eine Reihe von Banken sind derzeit bemüht, mit uns außergerichtliche Lösungsvorschläge zu entwickeln", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Wenn aber Banken solche Gespräche ablehnen und auch keine Verjährungsverzichte abgeben, dann bleibt den Geschädigten kein Ausweg: Entweder man klagt die Schadenersatzansprüche ein oder diese drohen zu verjähren."

Das Angebot des VKI wendet sich insbesondere an jene Geschädigten, die sich die Kosten eines Gerichtsverfahrens selbst nicht leisten können oder wollen - also, ohne die Teilnahme an den Sammelklagen ihre Ansprüche einfach durch Verjährung verlieren würden.

Heute Abend wird die Sendung -Am Schauplatz- (ORF 2, 21.05) über die Schicksale von Menschen berichten, die durch solche -geschlossenen Fonds- schweren Schaden erlitten haben.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Verbandsverfahren geklagt. Es handelt sich um eine Klausel, wonach die Leistung im Falle der Arbeitsunfähigkeit erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (=Karenzzeit). Die Klausel, auf die sich der Versicherer auch im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren vom OLG Wien als unzulässig beurteilt, nachdem zuvor schon das HG Wien dem VKI recht gegeben hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Musterprozess geklagt. Eine Verbraucherin hatte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit für einen Kreditvertrag eine Restschuldversicherung bei der CNP Santander Insurance Europe DAC abgeschlossen. Nachdem sie wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, zahlte der Versicherer nicht alle Kreditraten. Der Versicherer zahlte jedoch kurz nach der Klagseinbringung durch den VKI den gesamten Klagsbetrag. Die Klausel, auf die sich der Versicherer im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren rechtskräftig für unzulässig erklärt.

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat – im Auftrag des Sozialministeriums – eine Verbandsklage gegen die Lyconet Austria GmbH (Lyconet) geführt. Lyconet, ein im Netzwerk-Marketing tätiges Unternehmen, vertrieb unter anderem das „Cashback World Programm“. Dabei handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, die es Mitgliedern ermöglichen sollte, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei Partnerunternehmen Vorteile zu erhalten. Gegenstand der Klage waren 47 Vertragsklauseln, die Bestandteil von Lyconet-Vereinbarungen und sogenannten Lyconet Compensation-Plänen waren. Diese wurden vom VKI unter anderem aufgrund zahlreicher intransparenter Regelungen und damit einhergehender Unklarheiten kritisiert. Nachdem bereits die Unterinstanzen alle beanstandeten 47 Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatten, erkannte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) sämtliche Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang