Die Versicherungsnehmerin erlitt 2013 eine Totgeburt. Es bestand nach einem positiven Befund der Verdacht auf das Vorliegen eines Antiphospholipidsyndroms (APS). Bei weiteren Schwangerschaften sollte sie daher Thrombosespritzen und Blutverdünnungsmittel nehmen. Die Versicherungsnehmerin ging aufgrund dieser Informationen davon aus, dass sie das diagnostizierte Antiphospholipidsyndrom auch hat. Sie hielt es aber für keine „weiterführende“ Erkrankung.
2015 schloss sie bei der Beklagten eine Zusatzkrankenversicherung ab. Die Frage nach in den letzten fünf Jahren ambulant behandelten oder nach schwerwiegenden Krankheiten oder sonstigen Anomalien, wie zB Erkrankungen des Blutes, verneinte sie.
§ 11 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB-1995/Fassung Juli 2012 lautet:
„Obliegenheiten
…Der Versicherungsnehmer und der Versicherte (Mitversicherte) haben bei der Antragstellung und zwischen Antragstellung und Zustellung (Aushändigung) des Versicherungsscheines alle erheblichen Gefahrenumstände anzuzeigen. Jeder Gefahrenumstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich in schriftlicher Form gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich.
… Hat der Versicherungsnehmer oder ein Versicherter (Mitversicherter) die Anzeigepflicht über erhebliche Gefahrenumstände schuldhaft verletzt, so kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. [...]. Die Anzeigepflicht ist auch dann verletzt, wenn Fragen um Gefahrenumstände unrichtig und unvollständig beantwortet werden.“
Als der beklagte Versicherer Kenntnis von der zum Zeitpunkt der Antragstellung diagnostizierten Thrombophilieerkrankung erlangte, erklärte er 2018 den Rücktritt. Später stellte sich heraus, dass bei der Klägerin das diagnostizierte Antiphospholipidsyndrom nicht vorgelegen hatte.
Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass der Krankenzusatzvertrag bei der Beklagten zugunsten der Klägerin über 2018 hinaus weiterbesteht.
Die Klage wurde abgewiesen:
Nach § 16 Abs 1 VersVG (dem Art 11 AVB 1995/Fassung Juli 2012 entspricht) hat der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen.
Ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich. Nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände sind nicht schon wegen ihrer objektiven Gefahrenerheblichkeit mitzuteilen, sondern nur dann, wenn sich eine Frage konkludent auch auf sie bezieht oder wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint.
Unter diesen Voraussetzungen sind sämtliche dem Versicherungsnehmer bekannten gefahrenerheblichen Umstände anzuzeigen.
Hier stellt sich die Frage, ob eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht auch dann vorliegt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die vom Versicherungsnehmer nicht bekanntgegebene Erkrankung tatsächlich irrtümlich diagnostiziert worden war.
Die Klägerin verschwieg hier wesentliche Umstände, nach denen die Beklagte ausdrücklich angefragt hatte.
Dass sich nachträglich herausstellte, dass es sich bei der bei der Klägerin ursprünglich diagnostizierten Erkrankung um eine Fehldiagnose gehandelt hat, ändert darin nichts, beschränkt sich dieses Ergebnis doch auf eine nachträglich erfolgte Beurteilung. Wesentlich ist aber allein, welche Kenntnisse der Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Fragen hatte.
Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (§ 16 Abs 3 VersVG). Die Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer. Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 VersVG zuwider die Angabe eines erheblichen Umstands unterblieben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten.
Der Rücktritt des Versicherers aufgrund einer der Klägerin zumindest fahrlässig vorwerfbaren vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung erfolgte wirksam.