Was ist das Problem bei variablen Sparzinsen?
Der Streit um intransparente Zinsanpassungen bei Krediten beschäftigt schon seit Jahren die Gerichte. Aber auch auf der Kehrseite - bei den variabel verzinsten Sparbüchern - stellt sich ein ähnliches Problem:
Die Banken vereinbaren mit dem Kunden einen Ausgangszinssatz und behalten sich vor, diesen - ohne Schranken - einfach zu ändern. Das Ergebnis war häufig: Der "gute" vereinbarte Zinssatz wird in der Folge immer wieder gesenkt. Wer einen Betrag einzahlt und erst nach Monaten oder Jahren den Betrag beheben will, muss feststellen, dass zwischenzeitliche Zinssenkungen einen ursprünglich günstigen Zinssatz gar nicht mehr so gut aussehen lassen. Es hatte den Anschein, dass die Banken nach freiem ermessen die Zinsen senken könnten.
Die Banken haben sich bislang auf das Bankwesengesetz (BWG) berufen, das festlegt, dass eine Zinssatzänderung vom Tag des - von der Bank festgelegten - Inkrafttretens an gilt und nur durch Schalteraushang und Eintragung im Sparbuch dem Kunden bekannt zu geben ist.
VKI-Sieg beim OGH
Der VKI hat nun (neben anderen Klauseln - siehe Urteilsbesprechung) diese Klauseln in den AGB für Sparbücher der BAWAG - im Auftrag des BMSG - exemplarisch über eine Verbandsklage einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen. Mit Erfolg: Vor wenigen Tagen wurde das Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) zugestellt, wonach die genannten Klausel gesetzwidrig und nichtig sind.
Der OGH stellt klar, dass einseitige Zinssatzänderungen nur zulässig sind, wenn sie zwischen den Vertragsparteien vereinbart sind; das BWG räume den Banken keine einseitige Zinsänderungsbefugnis ein.
Leistungsänderungsklauseln in AGB und Vertragsformblättern müssen daher dem § 6 Abs 2 Z 3 KSchG entsprechen und daher sind nur Leistungsänderungen zulässig, die für den Kunden "zumutbar" sind; das ist der Fall, wenn die Leistungsänderung geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist. Sachlich gerechtfertigt sind aber nur Änderungsklauseln, die sich etwa an der Änderung der Leitzinsen am Geld- und Kapitalmarkt orientieren und die eine Verpflichtung vorsehen, bei einem Ansteigen der Leitzinsen auch die Sparbuchzinsen zu erhöhen. Die vom OGH geprüfte Klausel enthält dazu aber keinerlei Parameter und ist daher gesetzwidrig.
Was bringt das Urteil?
Das Urteil bedeutet zunächst für die BAWAG, dass diese Klausel (sowie die anderen untersagten Klauseln - siehe Urteilsbesprechung) ab sofort in Verträgen mit Verbrauchern nicht mehr verwendet werden darf.
Weiters darf sich die BAWAG bei laufenden Verträgen - also bei bestehenden Sparbüchern - auf diese Klausel nicht mehr berufen. Es wird also sehr genau zu prüfen sein, wie die BAWAG die Zinsen bei diesen Sparbüchern gestaltet. Zuletzt wird man auch bereits rückgezahlte Sparbücher auf korrekte Zinsverrechnung prüfen können (siehe Service: Was bringt das Sparzinsen-Urteil den Sparern?).
Das Urteil betrifft aber nicht nur die BAWAG, sondern in Grunde nahezu alle Banken. Wenn diese Ihre Vertragsbedingungen nicht sofort ändern, drohen weitere Verbandsklagen und bestehende oder abgeschlossene Sparbücher werden überprüft werden können.
Der VKI bleibt jedenfalls am Ball und wird nun die Zinsgestaltung bei Sparbüchern an Musterfällen prüfen.