Ein Anlageberater der beklagten Partei hatte den Anlegern 2004/2005 ein Finanzprosukt mit Gamax Garantie empfohlen. Der Berater erklärte dabei fälschlich, dass am Laufzeitende das gesamte eingesetzte Kapital gesichert sei. Tatsächlich trat ein Kapitalverlust von rund 7.000 Euro ein; bei richtiger Beratung hätten die Anleger das Geld in Kapitalsparbüchern angelegt. Daher wurden auch 20.000 an Zinsen eingeklagt.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Das OLG Wien bestätigte das Ersturteil.
Wenn ein Verkaufsprospekt nicht bloß eine Aufmerksamkeit weckende, offensichtlich verkürzte Werbeaussage, sondern die für den durchschnittlichen Privatanleger verständliche und scheinbar vllständige Information enthält, die den Zweck verfolgt, eine vernünftige Anlageentscheidung zu ermöglichen, dann darf ein Anleger - ohne dass ihm ein Sorgfaltsverstoß anzulasten wäre - grundsätzlich darauf vertrauen, dass die im Verkaufsprospekt enthaltenen Informationen zutreffen und das Produkt darin richtig und vollständig beschrieben wird.
Gleichermaßen ist es dem Anleger grundsätzlich nicht als Mitverschulden anzulasten, wenn er aufgrund seiner Unerfahrenheit und der mündlichen Zusicherungen des Beraters über die Sicherheit des Investments klein gedruckte Risikohinweise nicht gelesen hat.
Im Prospekt steht an vielen Stellen "100% Kapitalgarantie" zu lesen. Daher mussten die Anleger nicht ins Kalkül ziehen, dass die Rückzahlung am Ende der Laufzeit - wegen gewisser steuerlicher Wirkungsweisen - doch geringer ausfallen und damit doch ein reeller Kapitalverlust eintreten könne.
Im Hinblick auf das berechtigte Vertrauen in Werbefolder und Beratungsgespräch den Formular-Kleindruck auf Derartiges nicht untersucht zu haben, bewirkt somit keine ins Gewicht fallende Sorglosigkeit der Anleger.
OLG Wien 31.3.2016, 2 R 28/16a
RA: Dr. Sebastian Schumacher
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