Der beklagte Arzt erkannte zwischen 1979 und 1996 bei seiner Patientin trotz Vorsorgeuntersuchungen nicht die schwere Erkrankung der Klägerin. Erst 1997 wurde diese Krankheit durch einen anderen Arzt erkannt. 2003 erhob die Patientin Klage auf Schadenersatz gegen den ersten Arzt, da sie in einem 2002 veröffentlichten Zeitungsartikel erfahren hatte, dass bei korrekter Vorsorgeuntersuchung ihr Krankheitsverlauf hätte vermieden werden können.
Der OGH hielt zum Beginn der Verjährung wie in stRsp fest: Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann. Die Kenntnis muss dabei den ganzen den Anspruch begründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten.
Ein Geschädigter darf sich nicht passiv verhalten und es darauf ankommen lassen, dass er von maßgeblichen Tatsachen eines Tages zufällig Kenntnis erlange. Diese Erkundigungspflicht darf aber auch nicht überspannt werden. Im Allgemeinen ist im Rahmen der Erkundigungspflicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zu fordern. Es kann aber nach einer gewissen Überlegungsfrist ein Geschädigter auch dazu verpflichtet sein, ein Sachverständigengutachten einzuholen, sofern davon die Beweisbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen zu erwarten und das Kostenrisiko zumutbar ist.
Kommt jemand durch einen ärztlichen Kunstfehler zu Schaden, dann beginnt die Verjährungsfrist nicht, solange die mangelnde Kenntnis davon, dass es sich um einen Kunstfehler handelt, andauert, mögen auch der Schaden und die Person des (möglichen) Schädigers an sich bekannt sein. Ist nämlich ein Geschädigter Laie und setzt die Kenntnis der verschuldensbegründenden Umstände Fachwissen voraus, dann beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig erst zu laufen, wenn der Geschädigte durch ein Sachverständigengutachten Einblick in die Zusammenhänge erlangt hat. Bloße Mutmaßungen über die anspruchsbegründenden Umstände genügen nicht. Muss ein Geschädigter bestimmte Umstände nicht als wahrscheinlich betrachten, dann beginnt für die dadurch bedingten Schäden die Verjährungsfrist erst mit deren positiven Kenntnis durch den Geschädigten zu laufen.
In vorliegendem Fall wäre die Erkundigungspflicht überspannt, verlangte man von der Klägerin zur Abklärung ihres Verdachtes, dass ein Kunstfehler vorliege, ein kostspieliges Sachverständigengutachten zur Hintanhaltung der Verjährung. Erst als sich der Verdacht der Klägerin durch einen Zeitungsartikel aus 2002 soweit verdichtete, dass sie konkret annahm, dass ein Kunstfehler vorlag, war sie dazu verhalten, weitere Erkundigungen einzuholen. Die Klage war daher rechtzeitig eingebracht.
OGH 23.11.2004, 1 Ob 226/04y