Ein Unternehmer vertreibt in Ungarn eine Margarine. Die Kennzeichnung dieses Erzeugnisses enthält u. a. die Angabe „Vitamine (A, D)“. In einem Verfahren vor dem EuGH ging es nun um die Frage, ob im Fall des Zusatzes von Vitaminen zu Lebensmitteln bei der Angabe der Lebensmittelzutaten über die Bezeichnung der Vitamine hinaus auch die Bezeichnung der Vitaminverbindungen, die Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen, anzugeben ist. Dies verneinte der EuGH.
In der Lebensmittelinformationsverordnung (Nr 1169/2011) wird zwischen den Ausdrücken „Zutat“ und „Nährstoff“ unterschieden. Nach Art 2 Abs 2 lit f der VO bezeichnet der Ausdruck „Zutat“ „jeden Stoff und jedes Erzeugnis, einschließlich Aromen, Lebensmittelzusatzstoffen und Lebensmittelenzymen, sowie jeden Bestandteil einer zusammengesetzten Zutat, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und der – gegebenenfalls in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt“. In Art 2 Abs 2 lit s der VO heißt es, dass der Ausdruck „Nährstoff“ „Eiweiße, Kohlenhydrate, Fett, Ballaststoffe, Natrium, Vitamine und Mineralstoffe, die in Anhang XIII Teil A Nummer 1 dieser Verordnung aufgeführt sind“ umfasst.
Art 9 Abs 1 lit b und l der VO sieht vor, dass die Zutaten und Nährstoffe Gegenstand zweier unterschiedlicher verpflichtender Angaben sind, nämlich eines „Verzeichnisses der Zutaten“ und einer „Nährwertdeklaration“. Das Zutatenverzeichnis muss nach Art 18 Abs 1 der VO sämtliche Zutaten umfassen, die in dem betreffenden Lebensmittel enthalten sind. Die Nährwertdeklaration muss gemäß Art 30 Abs 1 der VO den Brennwert und die Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz, die in dem betreffenden Lebensmittel enthalten sind, umfassen. Außerdem kann sie nach Art 30 Abs 2 durch die Angabe ua der in dem Lebensmittel in signifikanter Menge vorhandenen Vitamine ergänzt werden.
Daraus folgt, dass Vitamine durch die LebensmittelinformationsVO grundsätzlich als Nährstoffe eingestuft werden und daher in der Nährwertdeklaration nach Art 9 Abs 1 lit l und Art 30 der VO angegeben werden können, wenn sie in signifikanter Menge in einem Lebensmittel vorhanden sind, ohne dass diese Angabe jedoch zwingend vorgeschrieben wäre.
Das bedeutet aber nicht, dass Vitamine nicht gleichzeitig Zutaten iSd VO darstellen können. Folglich muss ein Vitamin, wenn es einem Lebensmittel zugesetzt wird, zwingend in dem Zutatenverzeichnis angegeben werden. In der Nährwertdeklaration muss es hingegen nicht unbedingt genannt und quantifiziert werden.
Nach Art 18 Abs 2 der VO sind die Zutaten, die in einem Lebensmittel enthalten sind, mit ihrer speziellen Bezeichnung, ggf nach Maßgabe der Bestimmungen in Art 17 dieser VO, zu bezeichnen sind. Vitamine, die in signifikanter Menge in in der Union erzeugten oder in Verkehr gebrachten Lebensmitteln enthalten sind, werden in der VO zum Zweck ihrer Angabe in der Nährwertdeklaration mit Bezeichnungen wie „Vitamin A“, „Vitamin D“ oder „Vitamin E“ bezeichnet. Um eine kohärente Auslegung und Anwendung der verschiedenen Bestimmungen der VO zu gewährleisten, ist davon auszugehen, dass solche Vitamine mit denselben Bezeichnungen auch zum Zweck ihrer Angabe im Zutatenverzeichnis bezeichnet werden sollten.
Die Informationen, die die Verbraucher über in der Union erzeugte oder in Verkehr gebrachte Lebensmittel erhalten, müssen zutreffend, klar und leicht verständlich sein (Art 7 Abs 2 VO). Dadurch, dass Vitamine in der Nährwertdeklaration und im Zutatenverzeichnis kohärent und ausschließlich mit Bezeichnungen wie „Vitamin A“ oder „Vitamin D“ bezeichnet werden, lässt sich nämlich für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher eine zutreffende, klare und leicht verständliche Information gewährleisten. Umgekehrt könnte es dazu führen, dass diese Information komplexer, technischer und damit für einen Durchschnittsverbraucher weniger klar und weniger leicht verständlich wird, wenn in der Nährwertdeklaration nur diese Bezeichnungen verwendet und parallel dazu die relevanten Vitaminverbindungen wie „Retinylacetat“ oder „Cholecalciferol“ zum Zweck ihrer Aufnahme in das Zutatenverzeichnis hinzugefügt würden, da die meisten dieser Vitaminverbindungen für die breite Öffentlichkeit relativ schwer verständlich und wenig bekannt sind.