Die Mieterin hatte im Jahr 1991 eine im Jahr 1980 errichtete Genossenschaftswohnung angemietet. Im Jahr 2002 gab sie die Wohnung zurück. Bei der Rückgabe wurden an diversen Bestandteilen Schäden bzw. Mängel festgestellt. Diese wurden von der Genossenschaft behoben, die Kosten wurden der Mieterin zur Gänze in Rechnung gestellt.
Ein Kratzer in der Badewanne machte eine neue Emailbeschichtung erforderlich. Der Waschtisch wurde wegen eines Haarrisses ausgetauscht. Fünf beschädigte Steckdosen mussten erneuert werden. Wegen Schäden an der Furnier wurden die Eingangstür und eine Innentür erneuert. Wegen starker Verschmutzungen des Teppichbodens im Kinderzimmer wurde auch dieser Boden erneuert. Die Tapeten im Schrankraum waren zu erneuern, weil sie durch angebrachte Stellagen beschädigt waren. Der Parkettboden musste wegen tiefer Kratzer dreimal geschliffen werden, ein Teil des Bodens fehlte und war zu ersetzen. Nach dem Entfernen des Vorzimmerkastens ergaben sich unterschiedliche Malereien und Bodenbeläge, weshalb ein neuer PVC-Belag und ein Neuausmalen erforderlich war. Schließlich war im Abstellraum ein neuer Kunststoffbelag zu verlegen und die Tapete zu erneuern, da diese durch Regalbretter beschädigt war.
Der VKI klagte - im Auftrag des BMSG - die Genossenschaft, da die Verrechnung der vollen Behebungskosten ungerechtfertigt erschien.
Das LG ZRS Wien als Berufungsgericht gab der Klage des VKI zur Gänze statt und macht folgende interessante Bewertungen zur Frage der gewöhnlichen Abnützung bzw. zur Lebensdauer von Wohnungseinrichtungen:
Ein Kratzer in der Badewanne bzw. eine starke Verschmutzung eines Teppichs im Kinderzimmer ist als gewöhnliche Abnützung zu qualifizieren. Ein Ersatz ist dafür nicht zu leisten. Schäden an Tapeten die bei der Entfernung von handelsüblichen Stellagen zurückbleiben, dürfen der Mieterin ebenfalls nicht angelastet werden.
Hinsichtlich der anderen Schäden ist nach Ansicht des LG ZRS Wien zwar eine übermäßige Abnützung gegeben, sodass die Mieterin dafür einzustehen hat, die Berechnung des Ersatzanspruches durch die Genossenschaft ist aber unrichtig. Wird nämlich eine gebrauchte Sache zerstört oder beschädigt und hat die neu hergestellte oder reparierte Sache eine längere Lebensdauer als die alte Sache an Restlebensdauer gehabt hätte, ist nur ein aliquoter Ersatz zu leisten, der sich nach dem Verhältnis der Restlebensdauer der alten Sache zur Lebensdauer der neu hergestellten Sache richtet. Dabei ist zu beachten, dass die bemängelten Bestandteile allesamt bereits mehr als 20 Jahre alt waren. Zu den einzelnen Schäden führt das Gericht aus:
Die Erneuerung der Malerei im Vorzimmer wegen unterschiedlich gefärbter Wände ist nicht zu ersetzen, da die Malerei nach einer 22-jährigen Nutzungsdauer ohnedies zu erneuern wäre. Bei einem Kunststoffbelag kann höchstens eine 15-jährige Nutzungsdauer angenommen werden, sodass auch dessen Erneuerung nicht von der Mieterin zu tragen ist.
Kosten für das Ersetzen fehlender Parkettteile sind von der Mieterin zu ersetzen. Da der Boden auch sehr tiefe Kratzer aufwies, musste der dreimal geschliffen werden. Diese Kosten sind allerdings nur zu einem Drittel zu ersetzen, da in Abständen von 20 Jahren sowieso ein 2-maliges Schleifen und Versiegeln erfolgen muss.
Bei Steckdosen, Waschbecken (Haarriss) und Innentüren (Furnierschäden) ist eine Nutzungsdauer von 30 Jahren anzunehmen, die Mieterin hat daher ein Drittel der Kosten für die jeweilige Erneuerung zu ersetzen. Bei einer Wohnungseingangstür ist demgegenüber eine längere Nutzungsdauer anzunehmen, sodass der komplette Austausch der Tür wegen Schäden an der Furnier grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist.
Das Urteil ist rechtskräftig.
LG ZRS Wien 14.6.2005, 41 R 275/04a
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Klagevertreter: RA Dr. Friedrich Petri, Wien