Mit Vereinbarung vom 23.10.1998 ist die Konsumentin in das Hauptmietverhältnis der damaligen Vermieter und Hauptmieter eingetreten. Bei diesem Mietvertrag handelte es sich um einen unbefristeten Mietvertrag. Am 22.03.2007 fand eine vorangekündigte Wohnungsbegehung durch Mitarbeiter der zwischenzeitlich neuen Wohnungseigentümer statt, bei der etwaige Probleme und Fragen persönlich besprochen werden könnten. Zu diesem Zweck sollten die Mieter ihre Meldezettel, Mietverträge etc bereithalten. Am besagten Tag erschienen zwei Mitarbeiter der beklagten Partei bei der Klägerin, die kaum Deutsch sprach, sodass ein Großteil dieses Gespräches von ihrer Schwester übersetzt wurde, die ebenso anwesend war wie ihre Tochter.
Nachdem die Klägerin die Vereinbarung vom 23.10.1998 und die Mietverträge der Vormieter vorgelegt hatte, teilte ein Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen des anschließend geführten Gespräches mit, dass das derzeitige Mietverhältnis ungültig sei und sie einen neuen Mietvertrag abschließen müsse, wobei er ein Formular für die Auflösung des alten und eines für den Abschluss eines neuen Mietvertrages bereit hielt und beides ausfüllte. Dabei betonte er, dass der neue Mietvertrag ein unbefristeter Mietvertrag sei. Daraufhin unterfertigte die Klägerin im Vertrauen auf das Gesagte eine einvernehmliche Auflösung des bestehenden Mietverhältnisses und einen neuen Mietvertrag, in den der Mitarbeiter aber eine Befristung von fünf Jahren eingetragen hatte, sodass der Vertrag mit 31.03.2012 ohne Kündigung enden sollte. Nach Einholung rechtlicher Beratung erklärte die Mieterin mit eingeschriebenem Brief vom 26.3.2007 gemäß § 3 KSchG ihren Rücktritt vom abgeschlossenen Mietvertrag und der einvernehmlichen Auflösung des vorangegangenen Mietverhältnisses.
Mit Unterstützung des VKI - im Auftrag des BMSK - klagte die Mieterin auf Feststellung, dass sie aufgrund der Vereinbarung vom 23.10.1998 Hauptmieterin im Rahmen eines unbefristeten Mietverhältnisses sei. Das Gericht gab dem Feststellungsbegehren statt.
Gemäß § 3 KSchG könne der Verbraucher schriftlich vom Vertrag zurücktreten, wenn er seine Vertragserklärung weder in den vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke dauernd benützten Räume noch bei einem von diesem dafür auf einer Messe oder einem Markt benützten Stand abgegeben habe. Der Rücktritt könne bis zum Zustandekommen des Vertrages oder danach binnen einer Woche erklärt werden.
Der Rücktritt sei mit eingeschriebenem Brief erklärt worden, der den Poststempel vom 26.03.2007, somit drei Tage nach Vertragsabschluss, trage. Damit sei der Rücktritt gemäß § 3 KSchG rechtzeitig erfolgt.
Das Rücktrittsrecht stehe dem Verbraucher gemäß § 3 Abs 3 Z 1 KSchG jedoch nicht zu, wenn er selbst die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer oder dessen Beauftragten zwecks Schließung dieses Vertrages angebahnt habe. Berufe sich der Verbraucher, wie im vorliegenden Fall, auf sein Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG, dann träfe den Unternehmer die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Verbraucher das Geschäft angebahnt habe. Unter "Anbahnen" einer geschäftlichen Verbindung durch den Verbraucher sei ein Verhalten zu verstehen, das dem Unternehmer gegenüber zum Ausdruck bringe, in Verhandlungen zwecks Abschluss eines bestimmten Geschäfts eintreten zu wollen.
Von einem Anbahnen durch die Klägerin könne hier aber keine Rede sein. Nicht die Klägerin habe die Beklagte zum Abschluss eines Vertrages in ihre Wohnung eingeladen, sondern habe der Besuch im Rahmen einer allgemeinen Haus- und Wohnungsbegehung stattgefunden. Die anlässlich der Hausbegehung gemachten Mitteilung, der bestehende Vertrag sei ungültig und der daraufhin geäußerte Wunsch der Klägerin, einen "richtigen" Vertrag abschließen zu wollen, könne wohl keineswegs als Anbahnung einer geschäftlichen Verbindung gesehen werden. Vielmehr sei die Klägerin durch diese unrichtige Erklärung zum Abschluss eines "neuen" Mietvertrages gezwungen worden, wenn sie sich nicht dem (vermeintlichen) Risiko des Wohnungsverlustes aussetzen wollte. Derartige Bemerkungen, die in einer für den Verbraucher typischen Überrumpelungssituation und situativen Unterlegenheit abgegeben würden, könne keinesfalls derjenige Erklärungswert beigemessen werden, der für die Anbahnung eines Rechtsgeschäfts typisch wäre.
Die Unsicherheit der Mieterin hinsichtlich der Gültigkeit des Mietvertrages, wenn sie lediglich eine Nebenabrede in Händen halte, durch die sie in einen unbefristeten Mietvertrag eingetreten sei, der ursprünglich zwischen zwei anderen Vertragspartner abgeschlossen wurde, sei in diesem Zusammenhang offensichtlich. Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs 3 Z 1 KSchG sei daher nicht erfüllt und der erfolgte Rücktritt von beiden Vereinbarungen rechtswirksam.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
BG Leopoldstadt, 36 C 355/07y
Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien