Der VKI klagte daher im Auftrag des BMSK auf unter Abtretung des Anspruches auf Rückerstattung des einbehaltenen Finanzierungsbetrages.
Bereits das Erstgericht stellte fest, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung davon ausgegangen werden könne, dass sowohl Tapeten als auch Teppichböden selbst bei ordnungsgemäßer und schonender Nutzung eine maximale Nutzungsdauer von zehn Jahren hätten. Es sei gerichtsnotorisch, dass bei Malerei bzw Tapeten und Teppichböden relativ leicht und schnell Verschmutzungen einträten.
Gemäß § 1109 ABGB müsse der Bestandnehmer das Bestandobjekt nach Beendigung des Bestandvertrages in dem Zustand zurückstellen, wie er es übernommen habe. Das gelte mit der Einschränkung, dass Verschlechterungen vorliegen dürfen, die sich aus der gewöhnlichen Abnutzung ergäben, für die der Bestandnehmer nicht hafte. Gemäß § 1111 ABGB hafte er grundsätzlich nur für übermäßige Abnützung und Missbrauch, also nur bei eigenem Verschulden oder einem Verschulden ihm zurechenbarer Personen, wie Mitbewohner, Untermieter oder Gäste. Danach sei der Vermieter so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des Mieters gestellt wäre, wobei nicht der Wiederbeschaffungswert sondern nur der Differenzschaden zu ersetzen wäre.
Sowohl bei den Schäden am Teppichboden wie auch bei den Schäden an den Tapeten handle es sich um eine ungewöhnliche Abnutzung, weshalb die Schadenersatzpflicht der Mieterin grundsätzlich zu bejahen wäre. Aber auch bei rechtmäßigen Verhalten der Mieterin dh bei schonenderem Umgang hätte die Beklagte über 10 Jahre abgenutzte Teppiche und Tapeten zurückerhalten bekommen und hätte diese sowieso zu erneuern. Die Schadenersatzpflicht der Mieterin sei daher zu verneinen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und gab damit der Berufung der beklagten Partei nicht statt. Zum Einwand der Beklagten, dass insbesondere in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft die Mehrheit der Bestandobjekte, die nach 10 - jähriger Nutzungsdauer gewöhnlich abgenützt zurückgestellt würden, gänzlich oder ohne nennenswerte Sanierungsmaßnahmen wieder vermietet würden, führte das Berufungsgericht folgendes aus. Maßgeblich sei, in welchem Zustand Teppiche und Tapeten üblicherweise nach 10-jähriger Nutzungsdauer seien, nämlich wenn sie 10 Jahre lang bestimmungsgemäß gebraucht und zwischenzeitig nicht erneuert worden sind. Dass solcher Art genutzte Teppiche und Tapeten nach 10 Jahren keinen Wert mehr hätten, sei ein Erfahrungssatz, der auch vom Berufungsgericht geteilt würde.
Auch wenn ein Mieter während der 10-jährigen Nutzung selbst keinerlei Austausch oder Sanierung durchführe, sondern besonders sorgsam und vorsichtig mit Tapete und Wandbelägen umgegangen sei, sodass bei Rückgabe kaum Gebrauchsspuren vorhanden seien, sie dies nicht der Zustand, der als Vergleichsmaßstab für einen Schadenersatzanspruch des Vermieters herangezogen werden dürfe, weil der Vermieter keinen Anspruch darauf habe, eine besonders pfleglich behandelte Wohnung zurückzuerhalten. Eine Wohnung einer alleinstehenden Person, die womöglich noch häufig abwesend gewesen sei sehe nach 10 Jahren anders aus, als die Wohnung einer 5 köpfigen Familie, die die Wohnung auch in keiner Weise über Gebühr strapaziere.
Es komme vielmehr darauf an, welchen Abnutzungsgrad der Vermieter nach 10 Jahren zu erwarten habe, welchen Zustand er in Kauf nehmen müsse, also welchen Wert Tapeten und Teppichböden nach 10-jähriger gewöhnlicher Abnutzung üblicherweise hätten. Für diesen Grad an Abnutzung nämlich habe der Mieter laufend Mietzins bezahlt, dieser Wertverlust sei durch den Mietzins abgegolten.
Da für Tapeten und Teppiche eine Nutzungsdauer von 10 Jahren anzunehmen sei, sei deren Wert nach Ablauf dieser Zeit mit Null anzusehen. Selbst im Fall einer übermäßigen Abnutzung können daher ab diesem Zeitpunkt keine Schadenersatzansprüche mehr entstehen.
Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, da keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege. Ob die Beklagte dennoch eine außerordentliche Revision erhebt, bleibt anzuwarten.
LG für ZRS Wien, 21.01.2009, 41 R 206/08
Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien