Der VKI klagte im Aufrag des Sozialministeriums die Marktgemeinde Gunskirchen.
Der Heimbewohner Herr W*** schloss im Jahr 2014 mit der die Marktgemeinde Gunskirchen einen Heimvertrag für eine Wohneinheit im Seniorenwohn- und Pflegeheim um eine tägliche Zimmergebühr iHv EUR 83,27 zzgl anteiligen Pflegezusschlages.
Im Heimvertrag fand sich folgender Passus:
"12. Veränderungen des Heimentgeltes und des Pflegezuschlags
Der Heimträger ist berechtigt ohne Zustimmung des Heimbewohners/der Heimbewohnerin Entgeltsänderungen durchzuführen, wenn sich die bisherige Berechnungs- bzw. Kalkulationsgrundlage der Entgelte durch Umstände, die unabhängig vom Willen des Heimträgers sind, soweit verändert hat, dass die Entgelte nicht mehr kostendeckend sind. Hierbei handelt es sich um:
- durch Rechtsvorschriften bedingte Lohn- und Gehaltsveränderungen,
- Änderungen der öffentlichen Abgaben und der Betriebskosten,
- Änderungen der gesetzlichen Grundlagen betreffend die gesetzliche Arbeitszeit und die Urlaubsansprüche sowie den Personalschlüssel oder Ausbildungsstand des Personals,
- durch Rechtsvorschriften oder durch behördlich vorgegebene Änderungen der Standards,
- Änderungen betreffend den Leistungsumfang von Sozialversicherungsträgern, soweit der Heimträger in Folge dessen seinen Leistungsumfang ausweitet bzw. reduziert.
Der Heimträger ist ferner berechtigt, den Pflegezuschlag zu ändern, wenn sich der Pflegebedarf des Heimbewohners/der Heimbewohnerin geändert hat.
Beabsichtigte Entgelterhöhungen werden ein Monat vor Inkrafttreten schriftlich bekannt gegeben. Unter den gleichen Umständen ist der Heimträger verpflichtet, eine Entgeltsenkung vorzunehmen."
Die Entgeltordnung für das Seniorenwohn- und Pflegeheim der Beklagten wird jährlich angepasst. Dazu wird von der Beklagten zunächst über den Heimleiter der Bedarf ermittelt. Es wird sodann vom Sozialausschuss der Gemeinde ein Vorschlag unterbreitet. Dieser erarbeitet einen Vorschlag und entscheidet dann der Gemeinderat über Erhöhungen oder Senkungen.
Herr W*** bezahlte die Heimbeträge anstandslos. Das Entgelt für die Grundleistungen wurde durch Gemeinderatsbeschluss der Beklagten ab 1. Jänner 2015 auf EUR 90,64 täglich, ab 1. Jänner 2016 auf EUR 100,10 täglich erhöht. 2016 starb Herr W***.
Auf Wunsch von Herrn W***s Tochter überprüfte der VKI die Entgeltverrechnung und brachte schließlich Klage ein und zwar auf Zahlung der Entgeltserhöhungsbeträge in den Jahren 2015 und 2016.
Preisanpassungsklauseln sind nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nur dann zulässig, wenn alle der folgenden Kriterien zutreffen:
a.) Die Klausel muss zweiseitig sein, das heißt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch eine Entgeltsenkung vorsehen.
b.) Die Klausel muss die für die Entgeltänderung maßgeblichen Umstände klar und deutlich im Vertrag umschreiben, also hinlänglich bestimmt sein; der Verweis auf geltende Tarife oder Preislisten genügt nicht.
c.) Die Klausel ist nur dann wirksam, wenn die Umstände, die zur Entgeltänderung führen, sachlich gerechtfertigt sind.
d.) Die Wirksamkeit einer Preisänderungsklausel ist daran geknüpft, dass der Eintritt der maßgeblichen Umstände nicht vom Willen des Unternehmers abhängig sein darf. Jedenfalls ist eine genaue Umschreibung der Umstände notwendig, die dem Verbraucher die Überprüfung der Entgeltänderung erlaubt.
Es darf daher eine Entgelterhöhung nicht generalklauselartig und an nicht näher bestimmt bezeichnete "Gesetzesänderungen" geknüpft werden, weil dann die sachliche Rechtfertigung im Einzelfall nicht überprüfbar ist (3 Ob 180/08d). Der Hinweis auf Änderungen der öffentlichen Abgaben, durch Rechtsvorschriften oder durch behördlich vorgegebene Änderungen der Standards in einem Heimvertrag ist zu unbestimmt, um § 6 Abs 1 Z 5 KSchG zu entsprechen (3 Ob 180/08d). Der OGH erklärte zu 3 Ob 180/08d - wenngleich in einem Verbandsprozess - den vorliegend verwendeten Entgelterhöhungsklauseln entsprechende Klauseln als zu unbestimmt und schloss sich im Ergebnis der Ansicht des dortigen Berufungsgerichtes an, dass der erforderlichen Überprüfungstransparenz nicht entsprochen werde, wenn in der Klausel Angaben fehlten, welche Abgaben, Rechtsvorschriften oder behördlich vorgegebenen Standards in welchem Ausmaß Teil der Kalkulationsgrundlage des Heimentgeltes seien.
Das LG Wels schließt sich dem Judikat 3 Ob 180/08d an, weil insbesondere die nach der bisher einhelligen Rsp erforderliche Überprüfungstransparenz verlangt, dass der Verbraucher einseitig erfolgende Preisänderungen auf ihre sachliche Rechtfertigung überprüfen können muss und dies durch die vorliegende Änderungsklausel nicht der Fall ist. Im Übrigen wurde die Entgeltänderung für 2015 dem Heimbewohner entgegen der anders lautenden vertraglichen Regelung (zu Punkt 12) auch nicht einen Monat vor Inkrafttreten schriftlich bekanntgegeben.
Die angewandte Preisanpassungsklausel verstößt gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.
Die Unwirksamkeit der Preisgleitklausel führt zur Rückforderbarkeit des Entgeltes gemäß § 1431 ABGB, in concreto EUR 8.563,72). Das Entgelt war nicht aufgrund des Bescheids zu leisten und es konnte mangels einer gesetzlichen Ermächtigung auch keine Verordnungskompetenz des Gemeinderates ersehen werden. Mangels Vorliegens einer zweifelhaften oder bestrittenen Forderung konnte in der Zahlung auch kein konstitutives Anerkenntnis begründen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
LG Wels 2.5.2019, 23 R 34/19t
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Klagsvertreter: RA Mag. Nikolaus Weiser, RA in Wien