Der beklagte Unternehmer vertreibt unter der Bezeichnung "Hydrosan" über das Internet eine Mauerentfeuchtungsanlage, die auf Basis der Elektroosmose funktionieren soll. Unter der Domain www.feuchte-mauern.de wirbt der beklagte Unternehmer auszugsweise mit folgenden Werbeaussagen:
"Wir helfen ohne Bohren, ohne Chemie, ohne Staub und Schmutz, unschädlich für Mensch und Tier, durch Gutachten belegt, und preiswerter als viele andere Verfahren! Rufen Sie uns an, wir helfen Ihnen, ihr Haus dauerhaft und preiswert, trocken zu legen.!"
"Das Entfeuchtungssystem arbeitet nach dem Prinzip der Elektroosmose, das ja schon in den 60’ziger Jahren vielfach in anderer Form eingesetzt wurde."
Der Kläger, Verband sozialer Wettbewerb, hielt die Werbung für irreführend, weil die angepriesene Wirkungsweise der Geräte weder wissenschaftlich belegt, noch physikalisch begründbar sei. Der Beklagte wurde - verbunden mit einer Verbotsverfügung - erfolgreich auf Unterlassung solcher Werbeaussagen geklagt.
Der Kläger vertrat im Wesentlichen die Auffassung, dass die Werbung des Beklagten zur Irreführung geeignet sei, weil Wirkungsaussagen gemacht würden, die weder durch Tatsachen unterlegt, noch durch gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigt seien. Mit dieser Werbung würde der unzutreffende Eindruck erweckt, dass die gegenständlichen "Hydrosan"-Geräte eine bewährte Methode zur Trockenlegung feuchten Mauerwerks darstellten, was tatsächlich jedoch nicht der Fall sei. Das vom Beklagten angepriesene Verfahren der Elektro-Osmose funktioniere nicht, um feuchtes Mauerwerk trocken zu legen, weil die von dem Gerät erzeugte Spannung hiefür zu gering sei. Für die behauptete Wirkungsweise der "Hydrosangeräte" fehle jeglicher wissenschaftlicher Beleg, die Werbeaussagen würden einer physikalischen Überprüfung nicht stand halten. Dem Verbraucher werde aber durch "pseudo-technologisches Blendwerk" eine physikalische Innovation vorgetäuscht, die es tatsächlich nicht gegeben hat. Vielmehr hätten sich in einer Versuchsreihe der technischen Universität Wien keine signifikanten Ergebnisse, d.h. elektroosmotische Transportkoeffizienten messen lassen.
Der Beklagte führte hingegen ins Treffen, dass sich zu dem streitigen Elektro-Osmose-Verfahren zwei unterschiedliche Lager herausgebildet hätten, auf der einen Seite die Kritiker dieser Trockenlegungsmethode und auf der anderen Seite die Befürworter, die sich auf jahrzehntelange positive Erfahrungen mit den Trockenlegungsanlagen stützen. Zur Untermauerung seines Vorbringens verwies der Beklagte auf diverse Kundenreferenzschreiben, wonach mit dieser Methode angeblich zahlreiche Großprojekte wie zB das Schloss Schönbrunn, das Rathaus in München und der Verfassungsgerichtshof in Bayern trocken gelegt worden wären.
Der Verweis auf diese Vorzeigeprojekte konnte den erforderlichen wissenschaftlichen Wirkungsnachweis allerdings nicht ersetzen.
Die Deutschen Gerichte begründeten die Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:
Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gingen davon aus, dass die Internetwerbung des Beklagten irreführend und der Unterlassungsantrag damit begründet sei. Für die vom Beklagten beschriebene Wirkungsweise der Hydrosan-Geräte gebe es keine wissenschaftlich begründeten Belege. Der Beklagte habe den Hydrosan-Geräten in seiner Internetwerbung eine bestimmte Funktionsweise zugeschrieben und einen nachhaltigen Trockenlegungseffekt angepriesen, der nach den Erkenntnissen der Bautechnik und Wissenschaft nicht begründet sei. Der Beklagte hätte seine Werbeaussagen zur Wirkungsweise der Geräte entsprechend relativieren und darauf hinweisen müssen, dass gegenwärtig ein Nachweis zur Funktionsweise der Anlagen nicht geführt werden könne.
Beweislastverteilung:
Zur Beweislastverteilung führte das Oberlandesgericht (OLG) aus, dass bei der Feststellung einer irreführenden Werbung zwar grundsätzlich den Unterlassungskläger die Darlegungs- und Beweislast treffe; dem Unterlassungskläger würden allerdings Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen, wenn es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die- wie auch hier - in den Verantwortungsbereich des werbenden Beklagten fallen. Im vorliegenden Fall sei von einer Umkehr der Glaubhaftmachungslast zulasten des Beklagten auszugehen; und zwar deshalb, weil er sich auf eine fachlich umstrittene, wissenschaftlich nicht abgesicherte Behauptung stütze und daher auch die Verantwortung für die objektive Richtigkeit seiner Angaben übernommen habe. Entgegen der eigentlichen Beweisregel des § 5 UWG müsse er daher im Streitfall die Richtigkeit seiner Aussagen beweisen bzw. glaubhaft machen. Kommt der Beklagte seiner Darlegungspflicht nicht nach, so kann das Gericht davon ausgehen, dass die Behauptung unrichtig oder jedenfalls irreführend ist.
Diese Grundsätze zur Beweislastumkehr sind in der Rechtsprechung zwar in erster Linie für Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens entwickelt worden; sie lassen sich allerdings - so das OLG - nicht allein auf den Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung beschränken sondern gelten auch für andere fachlich umstrittenen, wissenschaftlich nicht abgesicherten Behauptungen.
OLG Naumburg 10 U 56/08 (Hs)