Die Beklagte ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich ein Haus mit Wohnungen befindet; es handelt sich um keine Wohnungseigentumsanlage. Die Beklagte vermietet die Wohnungen – mit Ausnahme von Top 6 – ganzjährig über die Internet-Plattformen Airbnb und booking.com zu touristischen Zwecken. Der Kläger hat ein grundbücherlich sichergestellte lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung Top 6. Die Liegenschaft ist raumordnungsrechtlich als Wohngebiet gewidmet.
Der Kläger begehrte, der Beklagten die kurzfristige Vermietung der andern Wohnungen zur Beherbergung von Touristen zu verbieten. Die „Airbnb-Judikatur“ nach § 16 WEG 2002 (Unterlassung einer widmungswidrigen touristischen Nutzung von Wohnungen zufolge Genehmigungsbedürftigkeit einer Widmungsänderung; vgl 5 Ob 59/14h; 5 Ob 43/19p) müsse auch dann zur Anwendung gelangen, wenn ein dingliches Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt worden sei.
Die Klage wurde vom OGH, anders als von den Vorinstanzen, abgewiesen:
Die Vorinstanzen begründen das von ihnen erzielte Ergebnis der analogen Anwendung der wohnungseigentumsrechtlichen Judikatur mit der „Schutzbedürftigkeit“ des Wohnungsgebrauchsberechtigten. Dieser Ansatz widerspricht der Rechtsprechung.
Für einen zulässigen Analogieschluss ist eine echte Gesetzeslücke erforderlich. Dies ist eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Das Gesetz ist in einem solchen Fall, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, ergänzungsbedürftig, ohne dass die Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Demgegenüber ist das bloß rechtspolitisch Erwünschte keine ausreichende Grundlage für eine Analogie. Es ist nicht Sache der Rechtsprechung, unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern oder zu korrigieren.
Das Wohnungseigentum ist die untrennbare Verbindung eines ideellen Miteigentumsanteils an der Liegenschaft mit einem ausschließlichen Nutzungsrecht an einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt. Der einzelne Wohnungseigentümer ist nur Miteigentümer der Liegenschaft, auf der sich das mit seinem Miteigentumsanteil verbundene Objekt befindet. Mit der Begründung von Wohnungseigentum erhält der Wohnungseigentümer das dingliche Recht, das ihm zugewiesene Objekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen.
Die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft stehen aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags zueinander in einem engen, bisweilen sogar als gesellschaftsähnlich bezeichneten Verhältnis. Die gesetzlich geregelten Individual- und Minderheitsrechte sind gegenüber den anderen Wohnungseigentümern durchzusetzen. Dies gilt etwa für das Änderungsrecht nach § 16 WEG 2002. Aus diesen Wesensmerkmalen folgt, dass es sich beim Rechtsverhältnis zwischen den Mit- und Wohnungseigentümern um eine spezielle, gesetzlich ausgestaltete Rechtsbeziehung handelt, die eine wirksame Wohnungseigentumsbegründung nach den gesetzlichen Modalitäten voraussetzt.
Dafür, dass der Gesetzgeber einzelne Ansprüche, die sich aus der beschriebenen besonderen Rechtsbeziehung zwischen Wohnungseigentümern ergeben, auch auf andere Fälle der Ausübung von Nutzungsbefugnissen an Wohnobjekten außerhalb des WEG angewandt wissen möchte, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Ein Übersehen dieser Problematik kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
Eine analoge Anwendung des § 16 WEG 2002 auf den Anlassfall ist nicht berechtigt. Dem Kläger kommt als Wohnungsgebrauchsberechtigten an einer Wohnung, an der kein Wohnungseigentum begründet ist, nicht die Rechtsstellung eines Wohnungseigentümers zu. Damit bestehen die vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsansprüche auf Basis des dafür allein relevierten § 16 WEG 2002 nicht.