Zum Inhalt

Mietvertrag: Drei- und fünfjähriger Kündigungsverzicht unzulässig

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden, dass in Mietverträgen eine Klausel, die dem Mieter einen drei- oder fünfjährigen Kündigungsverzicht auferlegt, unzulässig ist. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der OGH hatte nach einer Verbandsklage der Bundesarbeitskammer (BAK) darüber zu entscheiden, ob folgende Klauseln einer Wohnbaugesellschaft zulässig sind:

5a. Der Mieter verzichtet auf die Kündigung des Vertrages für die ersten drei Bestandsjahre.

5b. Der Mieter verzichtet auf die Kündigung des Vertrages für die ersten fünf Bestandsjahre.

Bei der Beurteilung, ob eine  unangemessen lange Frist, während der Verbraucher an den Vertrag gebunden sind, gemäß § 6 Abs 1 Z 1 KSchG vorliegt, ist eine Interessensabwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers und den Interessen des Verbrauchers auf eine angemessene und feststellbare Erfüllungszeit vorzunehmen. Bei dieser Abwägung kommt es auf den konkreten Vertrag – in diesem Fall einen Mietvertrag – an:

Es waren daher die wirtschaftlichen Nachteile des Vermieters bei Mieterwechsel, den wirtschaftlichen Nachteilen des Mieters bei einem (verhinderten) Wohnungswechsel gegenüberzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Mietvertrag für den Verbraucher typischerweise von hoher wirtschaftlicher Bedeutung ist. Benötigt ein Mieter seine Wohnung aufgrund einer Änderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr, droht bei einer langen Bindung eine finanzielle Doppelbelastung, weil der alte Mietvertrag noch aufrecht ist, während ein neues Mietverhältnis bereits begründet ist. Die doppelte Mietzinsverpflichtung kann schnelle existenzbedrohlich werden. Selbst wenn der Vermieter nur sanierte Wohnungen vermieten würde, kann das eine derart lange Bindung des Mieters an einen Mietvertrag nicht rechtfertigen.

Der OGH hält fest, dass das Interesse des Mieters, auf massive Veränderungen in seiner eigenen Sphäre in zeitlich angemessener Frist zu reagieren und die für ihn oft existenziell bedeutsame Wohnungsfrage nach seinen Bedürfnissen regeln zu können, überwiegt.

 

OGH 27.05.2021, 9Ob13/21h

Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

Das Urteil des OGH im Volltext.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Unzulässige AGB-Klauseln der SelfStorage-Dein Lager LagervermietungsgesmbH (MyPlace SelfStorage)

Unzulässige AGB-Klauseln der SelfStorage-Dein Lager LagervermietungsgesmbH (MyPlace SelfStorage)

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die SelfStorage-Dein Lager LagervermietungsgesmbH (MyPlace SelfStorage) wegen unzulässiger Klauseln in den AGB geklagt, wobei nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung durch MyPlace SelfStorage noch 8 Klauseln gerichtlich beanstandet wurden. Das Handelsgericht Wien erklärte sämtliche angefochtenen Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OGH zum Zurückhalten der Kaufpreiszahlung bei Mängel

Einzelne Wohnungseigentümer hatten die Zahlung der Restkaufpreisforderung (fast 30.000 EUR) zurückgehalten, da es Mängel an den allgemeinen Teilen der Wohnungseigentumsanlage ab. Fraglich war nun, ob es sich um eine schikanöse Rechtsausübung handelte, da der Anteil des Behebungsaufwandes für die Wohnungseigentümer 559 EUR ausmachte (für alle Eigentümer: über 30.000 EUR). Der OGH sprach nun aus, dass bei der gebotenen Abwägung zwischen offener Kaufpreisforderung und Verbesserungsaufwand die gesamten Behebungskosten miteinzubeziehen sind und nicht der Anteil einzelner Wohnungseigentümer.

Kündigung des Studentenheimzimmers wegen Ausbruch der Pandemie

Der OGH bejahte das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Kündigung eines Studentenheimvertrages einer slowakischen Studentin im Sommersemester 2020. Wegen der Pandemie wurde der Lehrbetrieb der Fachhochschule auf Distance Learning umgestellt. Der Studentin war die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit der beklagten Vermietungsgesellschaft nicht mehr zumutbar.

Unzulässiger Genehmigungsvorbehalt zur Kleintierhaltung

Eine Vertragsklausel mit einem generellen Genehmigungsvorbehalt der Vermieterin zur Haltung von Hunden und Kleintieren durch eine Mieterin ist gröblich benachteiligend. Im Verbrauchergeschäft hat die Klausel daher zur Gänze zu entfallen, sodass die Mieterin einen Hund halten darf.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang