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OGH: „Dauerrabattklausel“ der DONAU Versicherung unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die DONAU Versicherung AG Vienna Insurance Group (DONAU) wegen deren „Dauerrabattklausel“. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel für unzulässig.

Schon in der Vergangenheit beschäftigten Dauerrabattklauseln die Gerichte. Viele vom VKI beanstandete Klauseln wurden dabei als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB) und daher unzulässig beurteilt.

Nunmehr hatte der OGH neuerlich über eine Klausel zu entscheiden, auf die die zu den Dauerrabattklauseln ergangene Judikatur übertragbar ist.

Die gegenständliche Klausel „R10 – Laufzeitvorteil“ sieht vor, dass Versicherungsnehmer:innen, wenn sie den Vertrag innerhalb von neun Jahren ab Vertragsbeginn oder -verlängerung vorzeitig auflösen, eine „Nachschussprämie“ zu leisten haben, die im ersten Jahr 90 % der aktuellen Jahresprämie, im zweiten Jahr 80 %, im dritten Jahr 70 %, im vierten Jahr 60 %, im fünften Jahr 50 %, usw, demnach im neunten Jahr 10 % jeweils der dann aktuellen Jahresprämie beträgt.

Der OGH erachtet die vorliegende Klausel („Laufzeitvorteil“ mit „Nachschussprämie“) mit den in der Judikatur behandelten, üblicherweise als „Dauerrabattklauseln“ bezeichneten Vertragsbestandteilen vergleichbar: Versicherungsnehmer:innen sind hier bei vorzeitiger Vertragsauflösung innerhalb von neun Jahren ab Vertragsbeginn oder -verlängerung zur Zahlung einer Nachschussprämie verpflichtet und verlieren dadurch in der Prämie enthaltene Kostenvorteile. Wie die Dauerrabattklauseln verpflichtet somit auch diese Klausel Versicherungsnehmer:innen zum Ersatz von (monetären) Vorteilen, die ihnen wegen einer vorgesehenen längeren Laufzeit des Vertrags (hier 10 Jahre) gewährt wurden. Der OGH stimmte daher dem Berufungsgericht zu, das erkannt hat, dass die zu den Dauerrabattklauseln ergangene Judikatur auf die vorliegende Klausel übertragbar ist.

Nach der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung wird – wie der OGH ausführt – nur der Fall von der Nachschussprämienzahlungspflicht der Versicherungsnehmer:innen ausgenommen, dass der Versicherer den Vertrag nach Eintritt des Versicherungsfalls kündigt. Hingegen wird etwa die Kündigung des Versicherungsvertrags durch die Versicherungsnehmer:innen bei Vorliegen eines vom Versicherer gesetzten wichtigen Grundes nicht von der Verrechnung der Nachschussprämie ausgenommen, weshalb die Klausel laut OGH schon aus diesem Grund gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB ist.

OGH 23.11.2022, 7 Ob 154/22f

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Das Urteil im Volltext.

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