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OGH - Verletzung der Warnpflicht beim Werkvertrag und Ersatz der "Sowieso-Kosten"

Wer nicht darüber aufklärt, dass das Werk in der vereinbarten Beschaffenheit untauglich ist, haftet nur für den Vertrauensschaden. Sowieso Kosten sind nicht durch eine allfällige Warnpflichtverletzung verursacht und zählen daher auch nicht zu dem zu ersetzenden Vertrauensschaden.

Der Beklagte errichtete auf der Liegenschaft des Klägers eine Stützmauer um 7.000,-- Euro, die ein auf einem abschüssigen Hang gelegenes Einfamilienhaus abstützen sollte. Das ursprünglich im Einreichplan vorgesehene Betonfundament lehnte die Klägerin wegen der hohen Kosten und trotz ausdrücklichen Hinweises des Beklagten, dass unter diesen Umständen die Standsicherheit der Stützmauer nicht mehr gewährleistet sei, ab. Auf Wunsch der Klägerin vereinbarten die Streitteile eine andere Bauweise (Raum-Gitter-Konstruktion unter Verwendung von Eisenbahnschwellen). Die Einbautiefe der Stützmauer in den gewachsenen Boden war allerdings zu gering, sodass die Mauer zwar eine ausreichende Sicherheit gegen Gleiten und Kippen darstellte, nicht aber die Sicherheit gegen Grund- und Geländebruch erfüllte. Die Klägerin begehrte knapp 62.000,-- Euro Verbesserungskosten gestützt auf § 933a ABGB.
 
Der Beklagte wandte unter anderem ein, dass er seiner Warnpflicht nachgekommen wäre und die Klägerin die von ihr begehrten Kosten in dieser Höhe auch tragen hätte müssen, wenn sie ein dem Stand der Technik entsprechendes Werk in Auftrag gegeben hätte (Sowieso-Kosten).

Dazu stellte der OGH fest:

Als Grund für den Mangel wurde die zu gering gewählte Einbindetiefe in den gewachsenen Boden erkannt. Dass die von der Klägerin gewünschte Ausführung der Mauer und die notwendige Einbautiefe von vornherein nicht erreichbar gewesen wäre, gibt es keine Anhaltspunkte. Nur unter der Voraussetzung, dass das Werk schon in seiner vereinbarten Beschaffenheit für die Erreichung des Vertragswerkes untauglich gewesen wäre und dem Beklagten die Verletzung der in § 1168a ABGB begründeten Warnpflichtverletzung vorwerfbar wäre, würde sich das Problem der "Sowieso-Kosten" stellen. In diesem Fall stünde der Klägerin nur der Vertrauensschaden zu. Sie wäre so zu stellen, wie sie stünde, wenn der Beklagte der Warnpflicht entsprochen hätte. Sie hätte aber keine Anspruch auf Ersatz jener Kosten, die sie auch bei entsprechender Warnung hätte tragen müssen (vgl. 2 Ob 152/03x, 10 Ob 94/08h)

Auf den vorliegenden Sachverhalt ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar. Hätte der Beklagte die Stützmauer fachgerecht in das Erdreich eingebunden, wäre die Mauer ohne Verwendung von Spundwandbohlen standsicher gewesen und hätte er damit vertragsgemäß erfüllt. Anfallende "Sowieso-Kosten" im Falle der Sanierung stellten sich im gegenständlichen Streitfall nicht.

OGH 7.4.2011, 2 Ob 135/10y

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