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Urteil: Gemeinnützige Bauträger müssen Skonti für Baukosten herausgeben

Die jahrzehntelange Praxis von Bauträgern, Baukostenskonti in die eigene Tasche zu vereinnahmen wurde vom OGH in einem VKI-Musterprozess für illegal erklärt. Nun droht eine Flut von Rückforderungen seitens der Konsumenten.

Ein vom VKI - mit RA Dr. Michael Ambrosch - geführter Musterprozess führt zu einem Wandel in der Rechtsprechung und zu weitreichenden Konsequenzen im gemeinnützigen Wohnbau.

Es war bislang Praxis gemeinnütziger Bauträger, die bei rascher Zahlung der Baukosten lukrierten Skonti (in der Regel 3 Prozent der Rechnungssumme) selbst zu vereinnahmen und nicht - im Zuge der Endabrechnung - an die Kunden weiterzugeben. Diese Praxis wurde mit einer OGH-Entscheidung aus dem Jahr 1986 - die diese Verrechnung für die "Eigenkapitalbildung der Bauträger" unverzichtbar ansah - und dem seither "beredten Schweigen des Gesetzgebers" gerechtfertigt (siehe dazu: RA Dr. Dieter Gallistl in Informationen zum Verbraucherrecht 1/1998).

Der OGH wischte nun in der soeben ergangenen Entscheidung diese Argumente vom Tisch:

1. Seit der alten OGH-Entscheidung habe sich die gesetzliche Situation weitgehend verändert. Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz 1979 (WGG) - in der Fassung des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes, BGBl 1993/800 (in Kraft getreten am 1.1.1994) - sowie Verordnungen des Wirtschaftsministers zum WGG (Entgeltrichtlinienverordnung 1994, BGBl 1994/924 und Gebarungsrichtlinienverordnung 1979 idF BGBl 1994/925) würden zu einer Neubeurteilung der Rechtsfrage zwingen.

2. Die Preisvorschriften des WGG 1979 (§§ 15 und 13 WGG) sowie die dazu ergangenen Verordnungen lassen keine Basis dafür erkennen, dass der Bauträger Skonti für Baukosten einfach einbehalten darf.

3. Der Umstand, dass die Baukostenskonti in der Gebarungsrichtlinienverordnung im Gegensatz zu den Skonti bei den Betriebskosten nicht erwähnt werden, rechtfertigt keinen Umkehrschluss, dass Baukostenskonti von den Bauträgern kassiert werden dürften.

4. Lukrierte Skonti schmälern den für die Errichtung eines Wohnbaus aufgewendeten Betrag. Aus dem Kostendeckungsprinzip des WGG 1979 ergibt sich, dass daher diese Skonti nicht vom Bauträger vereinnahmt werden dürfen, sondern den Konsumenten weiterzuverrechnen sind.

5. Vertragliche Vereinbarungen, wonach der Bauträger die Skonti vereinnahmen darf, sind nichtig und unwirksam.

Der OGH räumt den Bauträgern aber ein, dass diese von ihnen selbst aufgewendetes Kapital zur vorzeitigen Zahlung von Baukosten (Zinsen für Fremdfinanzierungen bzw. Verzinsung von Eigenkapital) sehr wohl verrechnen können. Dabei ist aber zu beachten:

1. Dies gilt soweit nicht, als die Baukosten aus bereits ausgeschütteten Mitteln der Wohnbauförderung oder aus Vorauszahlungen der Konsumenten bezahlt werden. Dann hat der Bauträger keine eigenen Mittel aufgewendet und kann daher auch keinen Finanzierungsaufwand verrechnen.

2. Hat der Bauträger aus eigenen Mitteln vorfinanziert, kann er die Zinsen für diese Zwischenfinanzierung (von wenigen Wochen) zwar verrechnen, dennoch wird im Normalfall der Konsument nicht unerhebliche Beträge aus den lukrierten Skonti gutgeschrieben erhalten müssen, da die allfälligen Finanzierungskosten in keinem Verhältnis zu den lukrierten Skonti (im Anlassfall immerhin 65.000.- Schilling pro Reihenhaus) stehen.

Der OGH geht im übrigen von einer Gesamtbeurteilung der Preisbildung aus. Das Kostendeckungsprinzip des WGG bedeute, dass allfällige Kalkulations- oder Verrechnungsfehler nicht zu Lasten des Bauträgers gehen dürfen. In besonderen Einzelfällen kann dies dazu führen, dass trotz Nichtweitergabe der Skonti der Preis dennoch kostendeckend und damit unanfechtbar bleibt. Dieser Hinweis des OGH - bezogen auf eine angeblich besonders günstige Sonderausstattung im Einzelfall - kann aber nicht als Freibrief für Bauträger verstanden werden, die nunmehr anstehenden Forderungen auf Herausgabe von vereinnahmten Skonti, mit angeblichen "Verrechnungsfehlern" bei anderen Positionen abzuwehren zu versuchen. Die Bauträger bleiben für solche Einwände auch beweispflichtig.

Das Urteil ist ein Meilenstein für Kunden gemeinnütziger Bauträger. Skonti für Baukosten sind ab sofort den Konsumenten weiterzugeben. Konsumenten können Endabrechnungen aus der Vergangenheit binnen drei Jahren ab Erstbezug der Wohnung - in Sonderfällen auch länger - gerichtlich prüfen lassen:

Gemäß § 18 Abs 3 WGG sind Einwendungen gegen die Höhe der dem Entgelt (Preis) zugrundegelegten gesamten Herstellungskosten (§ 13 Abs 2 WGG) binnen drei Kalenderjahren ab erstmaligem Bezug der Baulichkeit gerichtlich geltend zu machen. Diese Frist verlängert sich jeweils um ein Kalenderjahr, sofern die Bauvereinigung nicht spätestens sechs Monate vor ihrem Ablauf dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten die endgültige Höhe des Entgelts (Preis) bekanntgegeben hat.

Beispiel:

  • Erstbezug der Wohnung: 4.3.1996
  • Letzter Tag der Frist: 3.3.1999 (wenn Endabrechnung bis spätestens 3.9.1998 gelegt)
  • Letzter Tag der Frist: 3.3.2000 (wenn Endabrechnung erst nach dem 3.9.1998 gelegt)



Die gerichtliche Klärung kann entweder gemäß § 22 Abs 1 Z 6 WGG (Feststellung der Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Preises und Entgelts) im Außerstreitverfahren gesucht werden, oder es kann ein bestimmter Betrag an vorenthaltenen Skonti mit Leistungsklage im streitigen Verfahren geltend gemacht werden.

Der VKI wird Einzelfälle prüfen, allenfalls weitere Musterprozesse unterstützen und damit sicherstellen, dass dieser bahnbrechenden neuen Judikatur zum Durchbruch verholfen wird.

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