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Urteil: Gewährleistung bei Schimmel in Wohnung

Einem Wohnungskäufer ist es unzumutbar, die Raumtemperatur durch Beheizung der Wohnung selbst im Sommer vorsorglich so warm zu halten, dass es nicht zu einer Schimmelbildung kommt.

Der Kläger kaufte vom Beklagten eine Wohnung als "unsaniert". Die Wohnung hatte eine nachhaltige Schimmelbildung. Dies war dem Kläger nicht bekannt.
Die gekaufte Wohnung ist aufgrund der mit dem nachhaltigen Schimmelbefall "notorisch verbundenen Gesundheitsgefährdung" nicht zu Wohnzwecken geeignet. Die Schimmelbildung konnte nur durch "vorsorgliches und kluges Bewohnen" und "kluges und problembewusstes" Lüften beseitigt werden. Es ist aber unzumutbar, die Raumtemperatur durch Beheizung der Wohnung selbst im Sommer vorsorglich so warm zu halten, dass es nicht zu einem Absinken der Oberflächentemperatur der Wände und des Bodens auf eine Temperatur komme, die niedriger als die Außentemperatur ist. Der Wohnung fehlt eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft.

Auf die Gesundheitsgefährdung durch den Schimmelbefall kommt es bei der Beurteilung der Wohnung als mangelhaft nicht mehr an.

Ein Kaufgegenstand muss der Natur des Geschäfts und der geschlossenen Verabredung entsprechend benützt und verwendet werden können. Nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung muss eine zum Zweck des Wohnens verkaufte Wohnung mangels - hier nicht festgestellter - abweichender Vereinbarungen grundsätzlich bei Zugrundelegung eines allgemein üblichen Wohnverhaltens bewohnbar sein, ohne dadurch bereits nachhaltigen Schimmelbefall gewärtigen zu müssen. Bei Zugrundelegung eines üblichen Wohnverhaltens ist hier eine nachhaltige und ausgedehnte Schimmelbildung somit nicht zu vermeiden.

Der Kauf der Wohnung als "unsaniert" (allerdings um einen Kaufpreis von 180.000 EUR!) rechtfertigt es hier nicht, davon auszugehen, der Kläger müsse mit nachhaltiger Schimmelbildung in der Wohnung auch bei "üblichem" Bewohnen rechnen; dem Kläger war die Schimmelbildung vor dem Kauf nicht bekannt.

Auf eine Unmöglichkeit der Verbesserung des Mangels kommt es nicht an, weil die Beklagte eine Verbesserung durch sie selbst ablehnte. Die Unzumutbarkeit der Verbesserung für den Kläger ergibt sich schon aus diesem Umstand (§ 932 Abs 4 ABGB).

Bei der Prüfung, ob ein die Wandlung ausschließender geringfügiger Mangel iSd § 932 Abs 4 ABGB vorliegt, ist eine auf den konkreten Vertrag und die Umstände des Einzelfalls bezogene objektive Abwägung der Interessen der Vertragspartner vorzunehmen. Die Beurteilung der Geringfügigkeit eines Mangels stellt idR keine erhebliche Rechtsfrage dar. Nachhaltigen Schimmelbefall einer Wohnung nicht mehr als bloß geringfügigen Mangel zu werten, ist jedenfalls vertretbar.

Der Gewährleistungsverzicht des Klägers steht nach § 9 Abs 1 KSchG dem Erfolg des Klagebegehrens nicht entgegensteht

Der Kläger kann auch Ersatz von Mangelfolgeschäden im Zusammenhang mit Vertragserrichtung, Verbücherung und Eintragung im Grundbuch sowie Maklergebühr zu verlangen (§ 933a Abs 1 ABGB)

OGH 4.5.2017, 5 Ob 42/17p

Das Urteil im Volltext.

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